Archive for the ‘Presse’ Category

„Explosion" bringt Titel und Kick

6 Juli 2009

Schlangens DM-Sieg über 1500 m – Schwennen verzichtete in Ulm

Triumph für Carsten Schlangen: Der aus Meppen stammende und für die LG Nord Berlin startende Leichtathlet sicherte sich gestern bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm den Titel über 1500 m. Das gibt Selbstbewusstsein sechs Wochen vor der Weltmeisterschaft in Berlin.

Carsten Schlangen bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm

„Das ist ein richtiger Kick nach vorn", strahlte Schlangens ehemaliger Trainer Gerd Janning in Ulm. Auch wenn der Sportler in 3:43,66 Minuten nur mit zwei Hundertstel Sekunden Vorsprung vor dem mit der besten Zeit gemeldeten Stefan Eberhardt (Laufclub Erfurt) ins Ziel kam, hatte er doch das taktisch geprägte Rennen bestimmt. Vor allem diktierte Schlangen den Schlussspurt auf den „wahnsinnig schnellen" (Janning) letzten 400 m. Der Emsländer steigerte sich nicht langsam auf seine Höchstgeschwindigkeit – „er startete mit einem Ruck, ist förmlich explodiert", war Janning begeistert. „Es hat genauso geklappt, wie ich es mir vorgenommen habe", zitierte der Meppener seinen ehemaligen Schützling.

Eberhard, der in dem langsamen Rennen vorsichtig agierte, heftete sich sofort an die Fersen Schlangens, der erst in der letzten Runde die Führung übernahm. Der Erfurter wurde nicht restlos überrascht vom schnellen Antritt des Emsländers, doch er war 250 m vor dem Ziel etwa 20 m zurückgefallen, verkürzte die Distanz ständig, konnte aber nicht verhindern, dass Schlangen den DM-Titel zurückholte, den er auch 2006 und 2007 gewonnen hatte, 2008 aber wegen einer Erkrankung nicht verteidigen konnte.

Eberhardt zeigte sich bei der folgenden Anhörung fair. Die früh hochgereckten Arme des Siegers, der seinen Verfolger nicht so nah vermutet hatte, hätten ihn nicht behindert, und Schlangen sei vorn gewesen.

Im Vorlauf übernahm Schlangen, der die WM-Norm bereits bei der Istaf erfüllt hatte, von Beginn an die Führung, lag nach 400 (1:04,05), 800 (2:09,56) und 1200 m (3:09,61 Min.) vorn. Nur kurz ließ er Marco Kern (LG Badenova Nordschwarzwald) einmal passieren, zog aber gleich wieder das Tempo an und siegte in 3:50,06 Min.

Cornelia Schwennen (Concordia Emsbüren) verzichtete auf Anraten ihrer Trainer auf einen DM-Start über 5000 m. „Ich wäre gern gelaufen", betonte die 22-Jährige, die für die U-23-Europameister-schaft in Kaunas qualifiziert ist. Das schnelle Rennen von der deutschen Jugendmeisterschaft eine Woche zuvor in Göttingen steckte der Studentin noch einige Tage in den Beinen, konnte sie die Entscheidung der Trainer nachvollziehen. Von der Zeit wäre in Ulm Platz zwei hinter der Deutschen Meisterin Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon/16:15,65 Min.) möglich gewesen. Die Engländerin war schon schneller gewesen als die Zweite Birte Bultmann (TV Wattenscheid 01/16:27,82). „Da lief meine Silbermedaille", sagte sie.

Anmerkung von Carsten Schlangen:

Stefan Eberhardt hatte zu keinem Zeitpunkt im Rennen einen Rückstand. Er ist mir im Rennen immer direkt gefolgt. 

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Interview Ems-Vechte Welle – Deutsche Meisterschaften Ulm 2009

6 Juli 2009

Logo - Ems-Vechte-WelleIm “Sportplatz” des regionalen Radiosenders Ems-Vechte-Welle (Emsland/Grafschaft Bentheim) habe ich am Sonntag nach den Deutschen Meisterschaften in Ulm ein Interview gegeben.

Mit Interviewpartner Kai Hansen spreche ich über taktischen Lauf und den harten Kampf mit Stefan Eberhardt bis zum Zielstrich.

Viel Spaß beim Zuhören!

Danke an Kai Hansen.

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Auszug Stimmen zur DM in Ulm 2009

5 Juli 2009

Stimmen zur DM in Ulm - 2. Tag - Auszug

[...]

Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
Erster 1.500 Meter (3:43,66 min)
"Dass ich jetzt noch Kraft für eine Ehrenrunde habe, ist natürlich dem Erfolg geschuldet. Ich habe mich erschrocken, dass Stefan so nah dran ist, ich wollte eigentlich schon zum Jubeln ansetzen. Vielleicht ist es ja für mich das letzte Jahr. Es ist ein schönes Gefühl, als Deutscher Meister zur WM fahren."

Stefan Eberhardt (LC Erfurt)
Zweiter 1.500 Meter (3:43,68 min)
"Es ist noch zu verschmerzen, wenn man gegen Carsten verliert. Klar hätte ich gerne gewonnen, er hatte heute die Nase vorne. In Berlin will ich auf jeden Fall eine Runde weiterkommen. Mit ein wenig Glück – das Carsten im letzten Jahr gefehlt hat – kann man auch in das Finale kommen."

Zu allen Stimmen vom zweiten Tag

Heiter bis Wolkig

4 Juli 2009

Der Dreispringer Charles Friedek tut in diesen Tagen vieles zum letzten Mal. Zum Beispiel an deutschen Meisterschaften teilnehmen, weshalb die Titelkämpfe in Ulm an diesem Wochenende für ihn nicht nur ein heiterer Anlass sind vor seinem Rücktritt, den er für Ende dieses Sommers angekündigt hat. Charles Friedek, 37, ist ein leidenschaftlicher Dreispringer. Wenn er das nicht wäre, hätte er es nicht so lange ausgehalten in seinem Sport, in dem er vom größten Erfolg bis zur schmerzhaften Niederlage alles erlebt hat. Vor zehn Jahren war er in Sevilla Weltmeister, das ist verdammt lang her, aber wenn er jetzt zurückschaut, ist doch etwas gleich geblieben: Als bester deutscher Dreispringer ist er immer noch unumstritten, was einerseits schön ist für ihn, andererseits befremdlich. Friedek hat keinen gleichwertigen Nachfolger, und er sagt: „Ich mache mir schon oft Gedanken darüber.”

Drei Weltjahresbeste

Die deutsche Leichtathletik befindet sich in einer Phase des Aufbruchs, zumindest will der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das so sehen im Jahr eins nach der olympischen Ein-Medaillen-Bi-lanz von Peking und sechs Wochen vor der WM in Berlin. Schon die Bilanz der Hallen-EM in Turin Anfang März stimmte, vor zwei Wochen kam der Sieg bei der Team-EM in Leiria dazu. Und in einigen Disziplinen haben sich Fortschritte aufgetan, die Sportdirektor Jürgen Mallow im Sportinformationsdienst als „eine über Jahre vorbereitete und jetzt sichtbare Entwicklung” feiern kann. Die Leistungsdichte ist gestiegen. In Stefan Eberhardt und Carsten Schlangen haben zum Beispiel schon zwei 1500-Meter-Läufer die WM-Qualifikationsnorm unterboten – noch vor zwei Jahren schaffte das keiner. Und in der Speerwerferin Christina Obergföll, der Hochspringerin Ariane Friedrich sowie der Marathon-Läuferin Irina Mikitenko stellt der DLV gleich drei Weltjahresbeste.

Probleme gibt es trotzdem genug, das kann auch gar nicht anders sein in einem Sport mit 47 Disziplinen, der sich jahrelang im Abwärtstrend befand. Der DLV hat die WM-Kriterien 2009 so gestaltet, dass möglichst wenig Stress bei der Nor-menjadt aufkommt. Auch nach den deutschen
schen Meisterschaften bleiben Chancen, verpasste Standards nachzureichen, und das dürfte auch nötig sein, wenn aus der fast 70-köpfigen Riege der bereits Qualifizierten ein WM-Team mit 90 bis 100 Mitgliedern werden soll. Selbst bewährte Stützen haben Mühe: Die gesetzte Titelverteidigerin Franka Dietzsch etwa hat ihren Diskus noch so wenig auf Weite gebracht, dass sie sich zuletzt ganz aufs Trainieren verlegte. Und dann sind da eben die Disziplinen, in denen der DLV in Berlin sogar blank sein könnte: der Dreisprung oder die 400 Meter Hürden.

Das ist kein Zufall. Dreisprung und 400 Meter Hürden sind die komplizierten Varianten von Weitsprung und Langsprint, Exoten im Disziplinen-Spektrum. Sie kommen in der Schul-Leicht-athletik praktisch nicht vor, selbst in den Vereinen sieht Friedek „Berührungsängste”. Um ein guter Dreispringer zu werden, bedarf es langer Vorbereitung. Drei Absprünge   zu   einer   harmonischen Schrittfolge zu verbinden, ist schwierig, und die Belastungen dabei sind enorm. „Bei jedem Teilsprung wirkt das Siebenfache des Körpergewichts”, sagt Friedek, „wenn man darauf nicht vorbereitet ist, wird man auseinanderbrechen.” Echte Dreisprung-Gelehrte brauchte es demnach, die Talente um sich scharen und sie geduldig aufbauen. Wie Eckhard Hütt, der einst den Weltklasse-Springer Ralf Jaros zum deutschen Rekord von 17,66 Meter coachte und bei dem auch Friedek einst lernte. Hütt ist nach einem Gastspiel in Spanien seit 2008 wieder Nachwuchstrainer im DLV. Aber es hat sich viel Wissen verflüchtigt. Herbert Czin-gon, Bundestrainer für die technischen Disziplinen, sagt: „Da müssen wir eine Graswurzel-Aktion machen.”

Es fehlen Trainer und Athleten

Früher mal Siegertypen gehabt zu haben, reicht jedenfalls nicht, sonst müsste auch der 400-Meter-Hürdenlauf im DLV in ewiger Blüte stehen. Disziplintrainer Volker Beck war 1980 Olympiasieger für die DDR, Harald Schmid 1984 Olympia-Dritter und in den achtziger Jahren einer der prominentesten DLV-Sportler. Aber jetzt? Der deutsche Jahresschnellste ist immer noch Thomas Goller, 31, Christian Duma, 2005 WM-Halbfinalist, konnte selbst in seinem zweiten Seuchenjahr 2008 ohne viel Training mit der nationalen Spitze mithalten. Beck sagt: „Es fehlt an Trainern, die sich mit der Disziplin beschäftigen. Es fehlt an leistungsstarken Athleten.” Die deutsche Elite über die 400-Meter-Flachstrecke ist nach internationalen Standards mittelmäßig, schon als passabler Langsprinter kann man deshalb im DLV eine schöne Staffel-Karriere machen – da wechselt kaum einer zum technisch anspruchsvollen Hürdenlauf.

Schnelle Abhilfe gibt es nicht. Die deutschen Meisterschaften werden eher wieder davon zeugen, wie die vielfältige Vereinslandschaft auch Lücken lässt. „Da wurde nicht an den richtigen Schrauben gedreht”, sagt Charles Friedek. Er würde sogar mithelfen beim Neuaufbau. Aber er hat keine Anfrage. Ab Herbst wird er für eine IT-Firma arbeiten. Vorher lebt er noch mal seine Sonderstellung im Dreisprung aus. Wenn alles normal läuft, wird in Ulm keiner den alten Friedek vom Thron stoßen.

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Allein im Wind

17 Juni 2009

Vom Verzicht des Istaf auf die Diamond League wollen sich die aufstrebenden deutschen Mittelstreckler nicht bremsen lassen

Carsten Schlangen beim Istaf - Bild Merlin Rose

Es hat auch einen Vorteil, dass das Istaf, das bedeutendste Leichtathletik-Sportfest Deutschlands, nächstes Jahr umziehen wird, aus der Bel Etage der globalen Meetings ins Souterrain der günstigeren zweitrangigen Veranstaltungen, und wohl auch von West- nach Ostberlin, vom 75 000 Menschen fassenden Berliner Olympiastadion in das beschauliche, 25 000 Leute beherbergende Jahnstadion. Am Dienstag wurde der Verzicht auf Mitwirkung an der Diamond League 2010 verkündet, vorab schon hatte Carsten Schlangen, 1500-Meter-Läu-fer der LG Nord Berlin gesagt: „Dann müsste ich nicht mehr mit der S-Bahn zum Istaf fahren, sondern könnte zu Fuß hingehen." Abgesehen davon findet er die Zurückstufung schade: „Die letzten zwei Istafs", sagt Schlangen, „waren die besten, was die Kulisse, die Stimmung und die Atmosphäre angeht."

Schrittmacher für die Norm

Es ist klar, dass Carsten Schlangen das so sieht, denn bei den beiden letzten Istafs ist er jeweils persönliche Bestzeiten gerannt: Im vorigen Jahr qualifizierte er sich mit seinen 3:34,99 Minuten für die Olympischen Spiele in Peking, am vorigen Sonntag erfüllte er in 3:34,60 das No-minierungskriterium für die Weltmeisterschaften vom 15. bis 23. August auf der
gleichen blauen Bahn im Berliner Olympiastadion. Dass sich in dem sogar noch schnelleren Erfurter Stefan Eberhardt (3:33,92) ein weiterer 1500-Meter-Läufer für den Saisonhöhepunkt qualifizierte, hat es lange nicht mehr gegeben im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Dieser erfreuliche Umstand hat viel mit dem Istaf zu tun.

„Wir müssen den Istaf-Leuten auch mal danken", findet Henning von Papen, der für die Mittelstrecken zuständige DLV-Trainer: „Wir bekommen seit zwei Jahren immer ein paar Startplätze für unsere Läufer." Das sei ein wesentlicher Grund, dass die lange brachliegende Disziplin gerade wieder aufblüht. In der jüngeren Vergangenheit rannten die 1500-Meter-Läufer ja nur in einem Teufelskreis: „Wir hatten selten die Chance, unsere Leute in hochkarätige Rennen zu bekommen", erklärt Papen, „selbst wenn sie mal die Form dafür hatten."

Die Veranstalter stellen ihre Teilnehmerfelder anhand von Bestzeiten zusammen, diejenigen der deutschen Kandidaten waren oft nicht gut genug, und sie wurden eben auch nicht besser, weil ihnen die nötige Konkurrenz als Antrieb fehlte. „Wenn man 3:35 laufen will, muss alles zusammenpassen", sagt Stefan Eberhardt, 24. Carsten Schlangen, 28, sagt: „Bei den nationalen Meetings gibt es kaum jemanden, der ein Rennen so zusammenstellen kann, dass die Norm-Zeiten herauskommen."

Bei seinem Saisoneinstand in Dessau Anfang Juni beispielsweise hätten die vorgesehenen Schrittmacher weder das Tempo eingehalten, das abgesprochen war, noch die Distanz, für die sie engagiert gewesen waren. „Plötzlich stand ich allein im Wind", erzählt Schlangen, „und das war's dann auch schon." Der Gegenwind bremste ihn herunter auf 3:43,17 Minuten, die erste Chance war vertan, die WM-Norm von 3:36,20 Minuten zu erfüllen.

Fortschritte erkennbar

Der 1500-Meter-Lauf beim Istaf hingegen war „ein Rennen, in dem alles gepasst hat", findet Eberhardt: das Wetter mit viel Wärme und wenig Wind, der Rennverlauf mit schnellen Gegnern und wenig taktischem Geplänkel, die Unterstützung des 64 000 Menschen zählenden Publikums. Davon haben alle Läufer profitiert: „Ich bin ja nicht der einzige, der eine persönliche Bestzeit gelaufen ist", sagt Eberhardt, der sich gegenüber dem Vorjahr um fast dreieinhalb Sekunden steigerte. Fünf Mitläufer schafften auch eine, vier weiteren gelang immerhin eine Saisonbestmarke.

Es ist freilich nicht dieses Berliner Rennen vom Sonntagnachmittag allein, das den Eindruck erweckt, dass die deutschen Mittelstreckler wieder ein wenig im Kommen sind. Sie gehen mit einer ganz anderen Einstellung in ihre Wettkämpfe, mutiger, entschlossener, aggressiver. „Wir sind offensiver geworden", bestätigt Papen. Aber zu offensiv wollen sie den Rest der Welt nun auch nicht angreifen. „Es wäre fatal, wenn man jetzt als nächsten Schritt von den Jungs Zeiten von 3:32 Minuten erwartet", bremst der DLV-Trainer die Erwartungen: „Sie müssen sich jetzt erst mal in diesem Bereich stabilisieren."

Die Fortschritte scheinen dennoch keine einmaligen Ausrutscher zu sein. Außer Eberhardt und Schlangen gibt es über 1500 Meter noch den derzeit verletzten Wolfram Müller, 27, aus Pirna; der ehemalige U23-Europameister war in der Hallensaison am schnellsten unterwegs und verfehlte bei der EM in Turin nur knapp eine Medaille. „Der ist da konsequent von vorne gelaufen", lobt Schlangen, „man muss sich halt auch mal was trauen." Sowie der junge 800-Meter-Kol-lege Robin Schembera aus Leverkusen. Der gewann am Sonntag zwar beim Istaf, verfehlte aber in 1:45,96 Minuten noch die WM-Norm (1:45,40). „Auch er läuft sehr offensiv", sagt Carsten Schlangen, das gefällt mir gut.

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Leistungssprünge auf den hinteren Plätzen

17 Juni 2009

Neun Jahre nach dem Olympiasieg von 800-Meter-Läufer Nils Schumann hat der Erfurter Trainer Dieter Hermann wieder einen Läufer in der erweiterten Weltspitze. Stefan Eberhardt vom Laufclub Erfurt steigerte sich beim DKB-ISTAF auf 3:33,92 Minuten über 1500 Meter. Hinter ihm verbesserte Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) seine Bestzeit auf 3:34,60 Minuten. Mehr als die Plätze fünf und zehn war dennoch nicht drin im besten 1500-Meter-Rennen seit langem.

Manchmal muss man langsamer laufen, um schneller zu werden. Das beste Beispiel dafür lieferte Stefan Eberhardt beim DKB-ISTAF in Berlin. In 3:33,92 Minuten erzielte er die schnellste Zeit eines Deutschen seit zwölf Jahren. 1997 waren Rüdiger Stenzel und Dieter Baumann in 3:33,51 bzw. 3:33,60 als Letzte unter 3:34 Minuten gelaufen. Eine gefühlte Ewigkeit später qualifizierte sich Stefan Eberhardt als Fünfter genauso für die Weltmeisterschaften in Berlin wie Carsten Schlangen, der Zehnter wurde. Sieger Augustine Choge (3:29,47) und der zweitplatzierte Haron Keitany (3:30,20) aus Kenia liefen beim ISTAF 1500-Meter-Zeiten, wie sie im ganzen Olympiajahr 2008 nicht geboten wurden.

„Ich habe bei den Dauerläufen in diesem Winter das Tempo reduziert", verriet Stefan Eberhardt in Berlin sein Erfolgsgeheimnis. Zuvor war der aktuelle Deutsche Meister über 1500 Meter ständig in Geschwindigkeiten unterwegs, bei denen er jeden Kilometer unter vier Minuten gelaufen war. Das hat sich der 24-Jährige abgewöhnt.

Keine Eiweiß-Probleme mehr

Seitdem sind auch seine Probleme mit dem Eiweißstoffwechsel gelöst, die ihn zusammen mit vielen kleineren Wehwehchen und Verletzungen in der Leistungsentwicklung gehemmt hatten. „Mein Eiweißspiegel war früher oft zu niedrig", erinnert er sich. Das kann mit dem hohen Lauftempo im Training zusammenhängen. Die Sportwissenschaft weiß schon lange, dass Athleten, die sich zu oft und in zu kurzen Abständen zu hart belasten, in einen so genannten katabolen Stoffwechsel geraten, bei dem körpereigenes Eiweiß abgebaut wird. Mit der Steigerung des Trainingsumfangs bei gleichzeitig verringerter Intensität haben Stefan Eberhardt und sein Trainer Dieter Hermann das Problem gelöst. Bis zu 160 Kilometer in der Woche ist der Erfurter in der Vorbereitung auf die WM-Saison gelaufen.

Um beim DKB-ISTAF starten zu dürfen, musste er sich erst auf 3:37,10 Minuten verbessern. Die Einladung erhielt er nach seinem couragierten Rennen am 1. Juni in Hengelo. In Berlin erwischte der Landespolizist aus Thüringen, der im vergangenen Jahr seine Prüfung als Polizeimeister abgelegt hat, ein optimales Rennen – im Gegensatz zu Carsten Schlangen (LG Nord Berlin), der seine Bestzeit zwar um 39 Hundertstel steigerte, aber hinterher noch ein paar Argumente fand, warum er als Zehnter erst fünf Plätze hinter Stefan Eberhardt ins Ziel kam.

Nach einem sehr schnellen Beginn (400 m in 55,12 s) war eine kleine Lücke zur Spitzengruppe entstanden, die der Berliner schließen musste. „Mir war klar: Wenn ich die jetzt nicht zumache, dann sind wir beide weg. Dann habe ich mich halt ran gekämpft. Es hat sich ja am Ende für mich auch ausgezahlt, für Stefan halt noch ein bisschen mehr."

Zwei fürs Finale?

Während Stefan Eberhardt nach der Erfüllung der WM-Norm und einer Steigerung seiner Bestzeit um 3,18 Sekunden nur vom Zwischenlauf spricht, den er bei seinem nächsten Auftritt im Olympiastadion anpeilt, geht Carsten Schlangen einen Schritt weiter: „Wenn wir unsere Leistung abrufen, dann haben beide berechtigte Chancen auf das WM-Finale." Bis zu den Deutschen Meisterschaften in Ulm am ersten Juli-Wochenende will er noch „mehr investieren, um an Stefan Eberhardt vorbeizukommen und ihn als Deutschen Meister zu entthronen.

Sein Erfolgsrezept für Berlin ähnelt dem von Stefan Eberhardt. Er hat sich in der Woche vorher einfach mal ausgeruht. „Eigentlich bin ich im Training immer sehr locker gute Zeiten gelaufen", sagt er und wundert sich, dass er bis zum DKB-ISTAF in dieser Saison nicht über 3:43,72 hinausgekommen ist. „Jetzt habe ich mir eine ganze Woche Auszeit genommen, habe mal nur rumgelegen und ge-chillt. Das macht einen ganz großen Unterschied." Diese Gelassenheit hat er sich auch von den starken Läufern aus Afrika abgeschaut. „Die leben so ein bisschen in den Tag hinein und schauen, was sich ergibt." Mit einer Prise afrikanischen Lebensgefühls glaubt er, künftig noch schneller laufen zu können.

Carsten Schlangen würde in der WM-Vorbereitung gerne mehr als bisher mit seinem stärksten nationalen Konkurrenten zusammenarbeiten. „Bisher hat sich das immer nicht so ganz ergeben, aber ich habe mit Stefan schon darüber gesprochen. Vielleicht machen wir im Vorfeld der WM ein gemeinsames spezifisches Trainingslager in Königs Wusterhausen. Dann kann man sich nochmal gegenseitig zu guten Zeiten pushen", meinte der Berliner.

Nur noch Norm-Jäger

Stefan Eberhardt hat sich in diesem Jahr voll auf das Laufen konzentriert. Der leidenschaftliche Jäger hat sich viel weniger Nächte auf zugigen Hochsitzen um die Ohren geschlagen als in der Vergangenheit. Längst verbringt er viel mehr Zeit im Wald mit Lauftraining als mit der Jagd auf heimisches Wild. Das war nicht immer so, schon mit 16 Jahren hat er den Jagdschein gemacht. Zuvor ist er schon mit seinem Onkel gemeinsam in den thüringischen Wäldern um seinen Heimatort Schleiz auf der Pirsch gewesen. In diesem Sommer hat er dagegen nur die WM-Norm gejagt – und in Berlin hat er die 3:36,20 erlegt.

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Aufschwung in der zweiten Reihe

16 Juni 2009

Die deutschen Sportler kommen in WM-Form

Gerhard Janetzky schweigt natürlich, das war nicht anders zu erwarten. Ariane Friedrich erhält einen Sonderbonus; 2,06 Meter überquert, Deutscher Rekord im Hochsprung, vor allem aber ein Sieg über Weltmeisterin Blanka Vla-sic (Kroatien), das ist Grund genug für einen Zuschlag. Nur wie hoch der ist, das sagt Istaf-Chef Janetzky nicht. Aber eigentlich geht es Friedrich gar nicht so sehr ums Geld. Mit dem Sieg, sagt sie, „wollte ich ein Statement für Berlin setzen. Ich wollte zeigen, dass die deutsche Leichtathletik im Aufschwung ist".

Ist sie das? Zwei Monate vor den Weltmeisterschaften in Berlin? Nach dem WM-Test Istaf? Alles eine Frage der Betrachtungsweise. Wer nur auf möglichst viele WM-Medaillen stiert, für den ist das Istaf wenig hilfreich. Klar, Friedrich ist eine Medaillenkandidatin, aber Vize-Weltmeister Robert Harting hat wegen seines verletzten Rückens Mühe, den Diskus weiter als 67 Meter zu werfen, und Nadine Kleinert, die Olympiazweite von 2004, wuchtet die Kugel nicht konstant auf gute Weiten. Sebastian Bayer übertraf im Weitsprung sogar nicht mal die Acht-Meter-Marke. Enttäuschend, keine Frage. Noch hat er nicht mal die WM-Norm. Andererseits wäre es sowieso unrealistisch, ihn aufgrund seines 8,71-Meter-Sensationssprungs bei der Hallen-EM als WM-Medaillenkandidat zu handeln. Wenn er sich bei 8,15 Meter stabilisiert, ist das schon mal eine Leistung.

Der Aufschwung der deutschen Leichtathletik vollzog sich eher im Schatten der Istaf-Stars. Stefan Eberhardt und Carsten Schlangen unterboten, jeweils mit persönlicher Bestzeit, über 1500 Meter klar die WM-Norm, Anna Battke steigerte ihre persönliche Bestleistung im Stabhochsprung um 13 Zentimeter auf 4,68 Meter, und Mark Frank schleuderte den Speer (82,97 Meter) weit über die WM-Norm. Medaillenträchtig sind diese Leistungen alle nicht, aber sie zeigen einen Trend nach oben. Und in einer Zeit, in der jede Spitzenleistung kritisch hinterfragt werden muss, sind die Plätze fünf bis acht bei einer WM durchaus eine zufriedenstellende Bilanz. Außerdem sind ein paar deutsche Medaillenkandidaten beim Istaf gar nicht gestartet. Die Speerwerferin Christina Obergföll zum Beispiel; die hat in Halle 68,40 Meter erreicht. Auch einer der Zehnkämpfer kann in Medaillennähe kommen.

Und was den Nachwuchs betrifft: Am vergangenen Samstag stellte Kugelstoßer David Storl aus Chemnitz mit 22,34 Metern einen neuen U-20-Weltrekord auf – die alte Marke verbesserte er gleich um 38 Zentimeter.

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Mittelstreckler von Berlin nach Berlin

15 Juni 2009

Zwei 1.500 Meter-Läufer waren es am Sonntag beim DKB-ISTAF in Berlin, die für die aus deutscher Sicht wertvollsten Leistungen auf der blauen Bahn des Olympiastadions sorgten. Der Erfurter Stefan Eberhardt und der Lokalmatador Carsten Schlangen blieben in 3:33,92 bzw. 3:34,60 Minuten auf den Plätzen fünf und zehn deutlich unter der einmal geforderten WM-Norm von 3:36,20 Minuten.

Für beide war es zugleich eine neue persönliche Bestleistung. Stefan Eberhardt, mit einer Vorleistung von 3:37,51 Minuten in das Jahr gekommen, schob sich mit seiner Zeit auf Platz acht der ewigen deutschen Bestenliste. Er sorgte damit für die beste Leistung eines Deutschen seit der Ära mit dem Tübinger Dieter Baumann und dem Wattenscheider Rüdiger Stenzel, die ihre Bestzeiten jeweils vor zwölf Jahren in 3:33,51 bzw. 3:31,60 Minuten erzielt hatten.

„Es hat einfach von Anfang an alles super geklappt“, sagte Stefan Eberhardt, der nun auf die Weltmeisterschaft in Berlin (15. bis 23. August) als das große Ziel hinarbeiten will.

Carsten Schlangen wieder heimstark

Für Carsten Schlangen erwies sich das Heimspiel im Olympiastadion erneut als gutes Pflaster. Im letzten Jahr hatte er sich an gleicher Stelle auf 3:34,99 Minuten gesteigert, jetzt war er in dem schnellen Rennen, das der Kenianer Augustine Kiprono Choge mit der ersten Zeit des Jahres unter 3:30 Minuten (3:29,47 min) gewann, noch einmal um 39 Hundertstelsekunden schneller.

„Schon 200 Meter vor dem Ziel, als ich ungefähr bei 3:04 Minuten durchgelaufen bin, wusste ich, dass ich eine Bestleistung laufen würde“, sagte Carsten Schlangen. „Im Training lief es schon, ich brauchte nur noch einen guten Wettkampf.“

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Schlangen löst Ticket für WM in Berlin

15 Juni 2009

Istaf Golden League 2009 Berlin - Carsten Schlangen 1500m Lauf

Beim Istaf über 1500 m die Norm unterboten – „In zwei Monaten einen draufsetzen"

Geschafft: Der aus Meppen stammende und für die LG Nord Berlin startende Carsten Schlangen hat sich gestern beim Istaf in Berlin für die an gleicher Stelle vom 15. bis 23. August stattfindenden Leichtathletik-Weltmeisterschaften qualifiziert. Der 28-Jährige unterbot über 1500 Meter die Norm von 3:36,20 Minuten als Zehnter mit 3:34,60 Minuten im zweiten Anlauf klar.

Nach dem Fehlversuch von Dessau (3:43,27) war Schlangen vor dem Start in der Bundeshauptstadt nervös. „Aber wenn es drauf ankommt, dann ist er da", freute sich sein ehemaliger Heimtrainer Gerd Janning, der auch bei den Landesmeisterschaften in Papenburg bestens informiert war. „Bei den großen Meetings kann man mit so einer Zeit auch schon mal gewinnen", ordnete er die Vorstellung des Architekturstudenten hoch ein.

Als die Racemaker nach 800 Metern knapp zwei Sekunden zu langsam waren, steigerte Augustine Kiprono Choge (Kenia) das Tempo. Er verfehlte den Istaf-Rekord in neuer Weltjahresbestleistung (3:29,47) und siegte vor seinen Landsmännern Haren Keitany (3:30,20) und William Biwott (3:32,34). Schnellster Europäer wurde als Fünfter der Erfurter Stefan Eberhardt (3:33,92).

Schlangen durfte sich über, die schnelle Zeit und die Qualifikation für die WM vor seiner Haustür freuen. „Er hat die guten Trainingszeiten bestätigt", lobte Janning nach dem munteren Rennen und hoffte: „Vielleicht kann Carsten in zwei Monaten noch einen draufsetzen."

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Istaf Splitter: Schlangen steigt um

15 Juni 2009

Zum Istaf mit den Öffentlichen - Carsten Schlangen am Hackeschen MarktEr hat gut geschlafen, obwohl die Studenten-WG unten im ersten Stock spontan eine Party veranstaltet hat. „Ohropax!", sagt Carsten Schlangen. Es ist Sonntagvormittag, gut drei Stunden vor seinem 1500-Lauf gegen sieben Kenianer und die Stadionuhr. Für Schlangen ist es eines der wichtigsten Rennen des Jahres. Er will an diesem Tag die Norm für die Qualifikation zur WM im August schaffen. 3:36,20 sind gefordert. Schlangen aber ist noch skeptisch: „Ich müsste dafür die drittschnellste Zeit meines Lebens laufen."

Der Berliner Architekturstudent begegnet dem Druck mit der größtmöglichen Lockerheit. Er fährt am Sonntag mit der S-Bahn zum Olympiastadion. Dabei sind sein Vater und sein Bruder mit einer Videokamera, eine Plastikkobra als Glücksbringer und ein Päckchen trockenes Brot. „Gegen den nervösen Magen."

Schlangen profitiert an diesem Tag aber nicht nur von der guten Qualität deutscher Backwaren, sondern auch von der Zugkraft der flinken Kenianer. Er schafft den schnellsten Lauf seines Lebens und qualifiziert sich in 3:34,60 Minuten ebenso für die WM wie Stefan Eberhardt aus Erfurt (3:33,92).

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