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„Der Installateur ist am Werk“

10 Juli 2012


Berliner Zeitung - Der Installateur ist am Werk. Carsten Schlangen schafft es doch noch zu Olympia

Carsten Schlangen schafft es doch noch zu Olympia

Wochenlang ist 1 500-Meter-Läufer Carsten Schlangen der Olympianorm hinterhergerannt. Mal verpasste er sie knapp, mal war das Feld zu langsam, mal stürzte der EM-Zweite von 2010 fast. Gedanklich hatte er London abgehakt. Aber am Freitag gelang dem 31-Jährigen von der LG Nord Berlin in Bottrop doch noch die Qualifikation — kurz vor Meldeschluss und in persönlicher Bestzeit von 3:33,64 Minuten.

Herr Schlangen, was hatte das Rennen in Bottrop, was die Rennen in Rabat, New York, Helsinki und Reims nicht hatten?

Gute äußere Bedingungen und ein Feld, in dem die Tempomacher und Läufer sofort schnell liefen.

Was haben die Zahlen 3:35,50 in den letzten Wochen für Sie bedeutet?

Ziemlich viel Druck. In Rabat war ich 32 Hundertstelsekunden langsamer als die Norm. Ein Moment, der fast nicht messbar ist. Mit jedem Rennen, in dem ich die Norm nicht geschafft habe, stieg der Druck. Ich wusste ja, dass ich die Norm in den Beinen hab’. Ich musste halt geduldig sein, ruhig bleiben.

Um zu zeigen, wie kurz 32 Hundertstel sind, haben Sie das per Hand auf einer digitalen Stoppuhr gemessen. Sie haben 80 Versuche gebraucht.

Man drückt die Taste und gleich noch mal. Es kann im Rennen ein Moment sein, in dem man um einen Läufer herum muss. Einer, in dem man abbremst. Im Vergleich zu 3:35 Minuten ist das im Promillebereich. Aber weil sich der Deutsche Olympische Sportbund so stur daran hält, musste ich so viele Rennen machen.

Ist in 32 Hundertstelsekunden ein Bier zu öffnen?

Vielleicht wenn der Öffner griffbereit ist. Ich glaube, das dauert länger. Mindestens eine Sekunde.

In Bottrop sind Sie 3:33,64 Minuten gerannt. So schnell war in Deutschland seit 15 Jahren keiner.

So eine Zeit hat Seltenheitswert. Ich bin jetzt Sechster in der ewigen deutschen Bestenrangliste.

Und der DOSB muss ein Zimmer mehr bestellen und einen Trainingsanzug mehr rausrücken.

Das wäre ja krass, wenn die nicht damit gerechnet hätten, dass ich mich qualifiziere. Es ist ja nur ein Zimmer im olympischen Dorf, man muss ja kein neues Haus bauen. Bei den Trainingsanzügen gehe ich davon aus, dass noch Auswahl da ist — nicht nur die XXL-Größen oder XS.

Sie haben zuletzt einiges an Geld in Ihre Rennen gesteckt. Ich habe vieles vorfinanziert.

Das ist jetzt Gott sei Dank vorbei. Entscheidend ist, dass ich jetzt mit so einer Bestleistung ganz anders dastehe. Platz zwölf der Weltrangliste ist eine Empfehlung, ein ganz anderes Standing. Die letzten Wochen waren ein ziemlicher Horror.

Sie konnten immer erst neu planen, wenn ein Rennen vorbei war.

Den Flug nach Reims habe ich drei Tage vorher gebucht. Es war alles sehr aufwendig, sehr ad hoc. Seit drei Wochen kann ich beispielsweise zu Hause nicht duschen, weil da ein Rohr geplatzt ist. Aber ich hatte keine Möglichkeit, für den Installateur vor Ort zu sein, weil ich immer nur rumgejettet bin.

Wo haben Sie dann geduscht?

Beim Nachbarn. Oder in der Trainingsstätte mit dem Waschlappen.

Was ist seit Freitagabend los?

Ich habe Hunderte von SMS bekommen, Mails, Glückwünsche. Das freut mich — nach der Normhatz war das eine Befreiung.

Haben Sie den Installateur schon angerufen.

Ja, der ist jetzt gerade am Werk.

Allein im Wind

17 Juni 2009

Vom Verzicht des Istaf auf die Diamond League wollen sich die aufstrebenden deutschen Mittelstreckler nicht bremsen lassen

Carsten Schlangen beim Istaf - Bild Merlin Rose

Es hat auch einen Vorteil, dass das Istaf, das bedeutendste Leichtathletik-Sportfest Deutschlands, nächstes Jahr umziehen wird, aus der Bel Etage der globalen Meetings ins Souterrain der günstigeren zweitrangigen Veranstaltungen, und wohl auch von West- nach Ostberlin, vom 75 000 Menschen fassenden Berliner Olympiastadion in das beschauliche, 25 000 Leute beherbergende Jahnstadion. Am Dienstag wurde der Verzicht auf Mitwirkung an der Diamond League 2010 verkündet, vorab schon hatte Carsten Schlangen, 1500-Meter-Läu-fer der LG Nord Berlin gesagt: „Dann müsste ich nicht mehr mit der S-Bahn zum Istaf fahren, sondern könnte zu Fuß hingehen." Abgesehen davon findet er die Zurückstufung schade: „Die letzten zwei Istafs", sagt Schlangen, „waren die besten, was die Kulisse, die Stimmung und die Atmosphäre angeht."

Schrittmacher für die Norm

Es ist klar, dass Carsten Schlangen das so sieht, denn bei den beiden letzten Istafs ist er jeweils persönliche Bestzeiten gerannt: Im vorigen Jahr qualifizierte er sich mit seinen 3:34,99 Minuten für die Olympischen Spiele in Peking, am vorigen Sonntag erfüllte er in 3:34,60 das No-minierungskriterium für die Weltmeisterschaften vom 15. bis 23. August auf der
gleichen blauen Bahn im Berliner Olympiastadion. Dass sich in dem sogar noch schnelleren Erfurter Stefan Eberhardt (3:33,92) ein weiterer 1500-Meter-Läufer für den Saisonhöhepunkt qualifizierte, hat es lange nicht mehr gegeben im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Dieser erfreuliche Umstand hat viel mit dem Istaf zu tun.

„Wir müssen den Istaf-Leuten auch mal danken", findet Henning von Papen, der für die Mittelstrecken zuständige DLV-Trainer: „Wir bekommen seit zwei Jahren immer ein paar Startplätze für unsere Läufer." Das sei ein wesentlicher Grund, dass die lange brachliegende Disziplin gerade wieder aufblüht. In der jüngeren Vergangenheit rannten die 1500-Meter-Läufer ja nur in einem Teufelskreis: „Wir hatten selten die Chance, unsere Leute in hochkarätige Rennen zu bekommen", erklärt Papen, „selbst wenn sie mal die Form dafür hatten."

Die Veranstalter stellen ihre Teilnehmerfelder anhand von Bestzeiten zusammen, diejenigen der deutschen Kandidaten waren oft nicht gut genug, und sie wurden eben auch nicht besser, weil ihnen die nötige Konkurrenz als Antrieb fehlte. „Wenn man 3:35 laufen will, muss alles zusammenpassen", sagt Stefan Eberhardt, 24. Carsten Schlangen, 28, sagt: „Bei den nationalen Meetings gibt es kaum jemanden, der ein Rennen so zusammenstellen kann, dass die Norm-Zeiten herauskommen."

Bei seinem Saisoneinstand in Dessau Anfang Juni beispielsweise hätten die vorgesehenen Schrittmacher weder das Tempo eingehalten, das abgesprochen war, noch die Distanz, für die sie engagiert gewesen waren. „Plötzlich stand ich allein im Wind", erzählt Schlangen, „und das war's dann auch schon." Der Gegenwind bremste ihn herunter auf 3:43,17 Minuten, die erste Chance war vertan, die WM-Norm von 3:36,20 Minuten zu erfüllen.

Fortschritte erkennbar

Der 1500-Meter-Lauf beim Istaf hingegen war „ein Rennen, in dem alles gepasst hat", findet Eberhardt: das Wetter mit viel Wärme und wenig Wind, der Rennverlauf mit schnellen Gegnern und wenig taktischem Geplänkel, die Unterstützung des 64 000 Menschen zählenden Publikums. Davon haben alle Läufer profitiert: „Ich bin ja nicht der einzige, der eine persönliche Bestzeit gelaufen ist", sagt Eberhardt, der sich gegenüber dem Vorjahr um fast dreieinhalb Sekunden steigerte. Fünf Mitläufer schafften auch eine, vier weiteren gelang immerhin eine Saisonbestmarke.

Es ist freilich nicht dieses Berliner Rennen vom Sonntagnachmittag allein, das den Eindruck erweckt, dass die deutschen Mittelstreckler wieder ein wenig im Kommen sind. Sie gehen mit einer ganz anderen Einstellung in ihre Wettkämpfe, mutiger, entschlossener, aggressiver. „Wir sind offensiver geworden", bestätigt Papen. Aber zu offensiv wollen sie den Rest der Welt nun auch nicht angreifen. „Es wäre fatal, wenn man jetzt als nächsten Schritt von den Jungs Zeiten von 3:32 Minuten erwartet", bremst der DLV-Trainer die Erwartungen: „Sie müssen sich jetzt erst mal in diesem Bereich stabilisieren."

Die Fortschritte scheinen dennoch keine einmaligen Ausrutscher zu sein. Außer Eberhardt und Schlangen gibt es über 1500 Meter noch den derzeit verletzten Wolfram Müller, 27, aus Pirna; der ehemalige U23-Europameister war in der Hallensaison am schnellsten unterwegs und verfehlte bei der EM in Turin nur knapp eine Medaille. „Der ist da konsequent von vorne gelaufen", lobt Schlangen, „man muss sich halt auch mal was trauen." Sowie der junge 800-Meter-Kol-lege Robin Schembera aus Leverkusen. Der gewann am Sonntag zwar beim Istaf, verfehlte aber in 1:45,96 Minuten noch die WM-Norm (1:45,40). „Auch er läuft sehr offensiv", sagt Carsten Schlangen, das gefällt mir gut.

Zum Artikel im Originalformat (PDF)

Bestzeit auch über 800m – Personal Best also on 800m

7 Juni 2008

Am gestrigen Freitag bin ich beim German Meeting in Kassel über 800m gestartet. Erst am Abend vor dem Rennen hatte ich mich für diese Strecke entschieden. Ursprünglich wollte ich in Kassel die B-Norm des DLV über die 1500m mit 3:36:30min laufen.

In den Tagen vor Kassel hatte ich mich nur langsam von der hohen Belastung aus dem ISTAF Rennen erholt. Der wichtigste Grund meiner Entscheidung, die ungewohnte 800m Strecke zu laufen, war allerdings die Frische im Kopf. Bereits zwei Tage nach meiner guten Zeit in Berlin konnte ich mich kaum noch über die gute Zeit freuen, sondern hatte bereits wieder das nächste schwere Rennen im Kopf. Auf den 800m konnte ich nichts verlieren – nur gewinnen und so habe ich mich dafür entschieden, das B-Norm Rennen zu verlegen.

Mit dem Rennen und meiner Zeit von 1:46:81min bin ich zufrieden. Ich habe sicherlich im Rennen zu schnell zu viel gewollt.
So habe ich mich nach 400m, als das Tempo des Feldes etwas langsamer wurde sehr gut gefühlt und bin hinten liegend am gesamten Feld vorbeigezogen. Leider hat dieser energische Spurt sehr viel Kraft gekostet und so habe ich auf der Zielgerade Robin Schembera und Sebastian Keiner ziehen lassen müssen. Im letzten Moment hat sich noch der erfahrene René Herms vor mir ins Ziel geschmissen und lag so hauchdünn vorn.

Diese neue Bestzeit ist ziemlich exakt zwei Sekunden besser als meine 800m Bestzeit aus dem letzten Jahr. Ich habe im Moment einen unglaublichen "Run" und denke, dass die zweite Olympianorm sehr bald fallen wird. Wann und Wo das sein wird, werde ich in Kürze hier auf meiner Internetseite veröffentlichen.

Carsten

Personal Best also on 800m

Yesterday I took part in an 800m race in Kassel. Only one night before the race I decided to run this distance. Originally I have planned to run a second 1500m race and beat the second limit(3:36:30min) for the Olympic Games in Beijing. After my race in Berlin where I ran a 3:34:99min I recovered quite slowly and my mind was not really up to beat the limit again.

I am quite happy with my new personal best of 1:46:81min which is almost exactly two seconds faster than my last year's personal best. Maybe I raced a bit to hard between 400 and 600m. When the pace slowed down in the field I  overtook everybody in a fast sprint. I could not stand my own pace on the last 100m and Robin Schembera and Sebastian Keiner overtook me again. On the last metres even René Herms passed me with trowing himself to the finish.

Carsten

Bestzeit in Wattenscheid

13 August 2007

Am vergangenen Wochenende bin ich bei der RAG DLV Gala in Wattenscheid eine neue persönliche Bestzeit von 3:36:54min über 1500m gelaufen. Es war ein Rennen, auf das ich lange gewartet hatte. Endlich gab es Tempomacher, die exakt ihre Stellzeiten einhielten und bis 1200m durchliefen, es war warm, kaum Wind und die Konkurrenz sehr stark. 

Ich hatte vor dem Lauf sehr stark an meinem Leistungsvermögen gezweifelt. Etwa eine Woche vor dem Wettkampf in Wattenscheid hatte ich einen sehr starken Hautausschlag bekommen und einen Tag vor dem Lauf waren beide Füße durch die Hautentzündung angeschwollen. Ich bin am Tag vor dem Wettkampf nicht einmal mehr locker laufen gegangen. Mein Trainer Roland Wolff (Prof. für Sportmedizin) hat mir die nötige Sicherheit gegeben und mich beruhigt. Ich habe mich dann einfach nur noch auf den Lauf und mich selbst konzentriert.

Bis etwa zur 1000m-Marke musste ich gar nichts machen, außer im Feld eine Position zu halten, von der ich gut reagieren konnte. Ich hatte mir vorgenommen, nicht so ungestüm wie auf den anderen Sportfesten anzulaufen und konnte dann auf den Vorstoß des Spaniers Esteves gut reagieren. Auf der letzten Runde kämpfte ich, um so lange wie möglich Kontakt zu den beiden Führenden zu halten. Die letzten 150m waren extrem hart, aber ich habe versucht, möglichst koordiniert weiter meinen Schritt zu halten. Als ich auf den letzten Metern war und ich vor mir die Anzeigetafel mit der Zeit sah, konnte ich meinen Augen nicht glauben. 

Ich wurde später von einigen Kollegen aus meiner Trainingsgruppe gefragt, wie sich so eine Zeit anfühle und konnte nur sagen: "Nicht anders als eine 3:39min – es war einfach ein perfektes Rennen!" 

Mit meinem Lauf bin ich nun auf Platz 3 der ewigen Berliner Bestenliste hinter Jens-Peter Herold und Michael Gottschalk. Ich bin froh, dass ich nun für die nächsten beiden Jahre weiß, dass die Qualifikationszeiten für mich machbar sind – das ist jetzt wichtiger, als eine überhastete Teilnahme in Osaka oder eine "Gnadenbrot-Teilnahme" bei der Universiade.