„Explosion" bringt Titel und Kick

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Emslandsport - Ulrich Mentrup - Bild: Hensel
6 Juli 2009 | Kommentare (0)

Schlangens DM-Sieg über 1500 m – Schwennen verzichtete in Ulm

Triumph für Carsten Schlangen: Der aus Meppen stammende und für die LG Nord Berlin startende Leichtathlet sicherte sich gestern bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm den Titel über 1500 m. Das gibt Selbstbewusstsein sechs Wochen vor der Weltmeisterschaft in Berlin.

Carsten Schlangen bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm

„Das ist ein richtiger Kick nach vorn", strahlte Schlangens ehemaliger Trainer Gerd Janning in Ulm. Auch wenn der Sportler in 3:43,66 Minuten nur mit zwei Hundertstel Sekunden Vorsprung vor dem mit der besten Zeit gemeldeten Stefan Eberhardt (Laufclub Erfurt) ins Ziel kam, hatte er doch das taktisch geprägte Rennen bestimmt. Vor allem diktierte Schlangen den Schlussspurt auf den „wahnsinnig schnellen" (Janning) letzten 400 m. Der Emsländer steigerte sich nicht langsam auf seine Höchstgeschwindigkeit – „er startete mit einem Ruck, ist förmlich explodiert", war Janning begeistert. „Es hat genauso geklappt, wie ich es mir vorgenommen habe", zitierte der Meppener seinen ehemaligen Schützling.

Eberhard, der in dem langsamen Rennen vorsichtig agierte, heftete sich sofort an die Fersen Schlangens, der erst in der letzten Runde die Führung übernahm. Der Erfurter wurde nicht restlos überrascht vom schnellen Antritt des Emsländers, doch er war 250 m vor dem Ziel etwa 20 m zurückgefallen, verkürzte die Distanz ständig, konnte aber nicht verhindern, dass Schlangen den DM-Titel zurückholte, den er auch 2006 und 2007 gewonnen hatte, 2008 aber wegen einer Erkrankung nicht verteidigen konnte.

Eberhardt zeigte sich bei der folgenden Anhörung fair. Die früh hochgereckten Arme des Siegers, der seinen Verfolger nicht so nah vermutet hatte, hätten ihn nicht behindert, und Schlangen sei vorn gewesen.

Im Vorlauf übernahm Schlangen, der die WM-Norm bereits bei der Istaf erfüllt hatte, von Beginn an die Führung, lag nach 400 (1:04,05), 800 (2:09,56) und 1200 m (3:09,61 Min.) vorn. Nur kurz ließ er Marco Kern (LG Badenova Nordschwarzwald) einmal passieren, zog aber gleich wieder das Tempo an und siegte in 3:50,06 Min.

Cornelia Schwennen (Concordia Emsbüren) verzichtete auf Anraten ihrer Trainer auf einen DM-Start über 5000 m. „Ich wäre gern gelaufen", betonte die 22-Jährige, die für die U-23-Europameister-schaft in Kaunas qualifiziert ist. Das schnelle Rennen von der deutschen Jugendmeisterschaft eine Woche zuvor in Göttingen steckte der Studentin noch einige Tage in den Beinen, konnte sie die Entscheidung der Trainer nachvollziehen. Von der Zeit wäre in Ulm Platz zwei hinter der Deutschen Meisterin Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon/16:15,65 Min.) möglich gewesen. Die Engländerin war schon schneller gewesen als die Zweite Birte Bultmann (TV Wattenscheid 01/16:27,82). „Da lief meine Silbermedaille", sagte sie.

Anmerkung von Carsten Schlangen:

Stefan Eberhardt hatte zu keinem Zeitpunkt im Rennen einen Rückstand. Er ist mir im Rennen immer direkt gefolgt. 

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Interview Ems-Vechte Welle – Deutsche Meisterschaften Ulm 2009

Geschrieben von: Ems-Vechte Welle - Kai Hansen
6 Juli 2009 | Kommentare (0)

Logo - Ems-Vechte-WelleIm “Sportplatz” des regionalen Radiosenders Ems-Vechte-Welle (Emsland/Grafschaft Bentheim) habe ich am Sonntag nach den Deutschen Meisterschaften in Ulm ein Interview gegeben.

Mit Interviewpartner Kai Hansen spreche ich über taktischen Lauf und den harten Kampf mit Stefan Eberhardt bis zum Zielstrich.

Viel Spaß beim Zuhören!

Danke an Kai Hansen.

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Auszug Stimmen zur DM in Ulm 2009

Geschrieben von: Leichtathletik.de - Christian Fuchs - Bild: K. Sauerwein
5 Juli 2009 | Kommentare (0)

Stimmen zur DM in Ulm - 2. Tag - Auszug

[...]

Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
Erster 1.500 Meter (3:43,66 min)
"Dass ich jetzt noch Kraft für eine Ehrenrunde habe, ist natürlich dem Erfolg geschuldet. Ich habe mich erschrocken, dass Stefan so nah dran ist, ich wollte eigentlich schon zum Jubeln ansetzen. Vielleicht ist es ja für mich das letzte Jahr. Es ist ein schönes Gefühl, als Deutscher Meister zur WM fahren."

Stefan Eberhardt (LC Erfurt)
Zweiter 1.500 Meter (3:43,68 min)
"Es ist noch zu verschmerzen, wenn man gegen Carsten verliert. Klar hätte ich gerne gewonnen, er hatte heute die Nase vorne. In Berlin will ich auf jeden Fall eine Runde weiterkommen. Mit ein wenig Glück – das Carsten im letzten Jahr gefehlt hat – kann man auch in das Finale kommen."

Zu allen Stimmen vom zweiten Tag

Heiter bis Wolkig

Geschrieben von: Süddeutsche Zeitung - Thomas Hahn
4 Juli 2009 | Kommentare (0)

Der Dreispringer Charles Friedek tut in diesen Tagen vieles zum letzten Mal. Zum Beispiel an deutschen Meisterschaften teilnehmen, weshalb die Titelkämpfe in Ulm an diesem Wochenende für ihn nicht nur ein heiterer Anlass sind vor seinem Rücktritt, den er für Ende dieses Sommers angekündigt hat. Charles Friedek, 37, ist ein leidenschaftlicher Dreispringer. Wenn er das nicht wäre, hätte er es nicht so lange ausgehalten in seinem Sport, in dem er vom größten Erfolg bis zur schmerzhaften Niederlage alles erlebt hat. Vor zehn Jahren war er in Sevilla Weltmeister, das ist verdammt lang her, aber wenn er jetzt zurückschaut, ist doch etwas gleich geblieben: Als bester deutscher Dreispringer ist er immer noch unumstritten, was einerseits schön ist für ihn, andererseits befremdlich. Friedek hat keinen gleichwertigen Nachfolger, und er sagt: „Ich mache mir schon oft Gedanken darüber.”

Drei Weltjahresbeste

Die deutsche Leichtathletik befindet sich in einer Phase des Aufbruchs, zumindest will der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das so sehen im Jahr eins nach der olympischen Ein-Medaillen-Bi-lanz von Peking und sechs Wochen vor der WM in Berlin. Schon die Bilanz der Hallen-EM in Turin Anfang März stimmte, vor zwei Wochen kam der Sieg bei der Team-EM in Leiria dazu. Und in einigen Disziplinen haben sich Fortschritte aufgetan, die Sportdirektor Jürgen Mallow im Sportinformationsdienst als „eine über Jahre vorbereitete und jetzt sichtbare Entwicklung” feiern kann. Die Leistungsdichte ist gestiegen. In Stefan Eberhardt und Carsten Schlangen haben zum Beispiel schon zwei 1500-Meter-Läufer die WM-Qualifikationsnorm unterboten – noch vor zwei Jahren schaffte das keiner. Und in der Speerwerferin Christina Obergföll, der Hochspringerin Ariane Friedrich sowie der Marathon-Läuferin Irina Mikitenko stellt der DLV gleich drei Weltjahresbeste.

Probleme gibt es trotzdem genug, das kann auch gar nicht anders sein in einem Sport mit 47 Disziplinen, der sich jahrelang im Abwärtstrend befand. Der DLV hat die WM-Kriterien 2009 so gestaltet, dass möglichst wenig Stress bei der Nor-menjadt aufkommt. Auch nach den deutschen
schen Meisterschaften bleiben Chancen, verpasste Standards nachzureichen, und das dürfte auch nötig sein, wenn aus der fast 70-köpfigen Riege der bereits Qualifizierten ein WM-Team mit 90 bis 100 Mitgliedern werden soll. Selbst bewährte Stützen haben Mühe: Die gesetzte Titelverteidigerin Franka Dietzsch etwa hat ihren Diskus noch so wenig auf Weite gebracht, dass sie sich zuletzt ganz aufs Trainieren verlegte. Und dann sind da eben die Disziplinen, in denen der DLV in Berlin sogar blank sein könnte: der Dreisprung oder die 400 Meter Hürden.

Das ist kein Zufall. Dreisprung und 400 Meter Hürden sind die komplizierten Varianten von Weitsprung und Langsprint, Exoten im Disziplinen-Spektrum. Sie kommen in der Schul-Leicht-athletik praktisch nicht vor, selbst in den Vereinen sieht Friedek „Berührungsängste”. Um ein guter Dreispringer zu werden, bedarf es langer Vorbereitung. Drei Absprünge   zu   einer   harmonischen Schrittfolge zu verbinden, ist schwierig, und die Belastungen dabei sind enorm. „Bei jedem Teilsprung wirkt das Siebenfache des Körpergewichts”, sagt Friedek, „wenn man darauf nicht vorbereitet ist, wird man auseinanderbrechen.” Echte Dreisprung-Gelehrte brauchte es demnach, die Talente um sich scharen und sie geduldig aufbauen. Wie Eckhard Hütt, der einst den Weltklasse-Springer Ralf Jaros zum deutschen Rekord von 17,66 Meter coachte und bei dem auch Friedek einst lernte. Hütt ist nach einem Gastspiel in Spanien seit 2008 wieder Nachwuchstrainer im DLV. Aber es hat sich viel Wissen verflüchtigt. Herbert Czin-gon, Bundestrainer für die technischen Disziplinen, sagt: „Da müssen wir eine Graswurzel-Aktion machen.”

Es fehlen Trainer und Athleten

Früher mal Siegertypen gehabt zu haben, reicht jedenfalls nicht, sonst müsste auch der 400-Meter-Hürdenlauf im DLV in ewiger Blüte stehen. Disziplintrainer Volker Beck war 1980 Olympiasieger für die DDR, Harald Schmid 1984 Olympia-Dritter und in den achtziger Jahren einer der prominentesten DLV-Sportler. Aber jetzt? Der deutsche Jahresschnellste ist immer noch Thomas Goller, 31, Christian Duma, 2005 WM-Halbfinalist, konnte selbst in seinem zweiten Seuchenjahr 2008 ohne viel Training mit der nationalen Spitze mithalten. Beck sagt: „Es fehlt an Trainern, die sich mit der Disziplin beschäftigen. Es fehlt an leistungsstarken Athleten.” Die deutsche Elite über die 400-Meter-Flachstrecke ist nach internationalen Standards mittelmäßig, schon als passabler Langsprinter kann man deshalb im DLV eine schöne Staffel-Karriere machen – da wechselt kaum einer zum technisch anspruchsvollen Hürdenlauf.

Schnelle Abhilfe gibt es nicht. Die deutschen Meisterschaften werden eher wieder davon zeugen, wie die vielfältige Vereinslandschaft auch Lücken lässt. „Da wurde nicht an den richtigen Schrauben gedreht”, sagt Charles Friedek. Er würde sogar mithelfen beim Neuaufbau. Aber er hat keine Anfrage. Ab Herbst wird er für eine IT-Firma arbeiten. Vorher lebt er noch mal seine Sonderstellung im Dreisprung aus. Wenn alles normal läuft, wird in Ulm keiner den alten Friedek vom Thron stoßen.

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Allein im Wind

Geschrieben von: Süddeutsche Zeitung - Sport - Joachim Mölter
17 Juni 2009 | Kommentare (0)

Vom Verzicht des Istaf auf die Diamond League wollen sich die aufstrebenden deutschen Mittelstreckler nicht bremsen lassen

Carsten Schlangen beim Istaf - Bild Merlin Rose

Es hat auch einen Vorteil, dass das Istaf, das bedeutendste Leichtathletik-Sportfest Deutschlands, nächstes Jahr umziehen wird, aus der Bel Etage der globalen Meetings ins Souterrain der günstigeren zweitrangigen Veranstaltungen, und wohl auch von West- nach Ostberlin, vom 75 000 Menschen fassenden Berliner Olympiastadion in das beschauliche, 25 000 Leute beherbergende Jahnstadion. Am Dienstag wurde der Verzicht auf Mitwirkung an der Diamond League 2010 verkündet, vorab schon hatte Carsten Schlangen, 1500-Meter-Läu-fer der LG Nord Berlin gesagt: „Dann müsste ich nicht mehr mit der S-Bahn zum Istaf fahren, sondern könnte zu Fuß hingehen." Abgesehen davon findet er die Zurückstufung schade: „Die letzten zwei Istafs", sagt Schlangen, „waren die besten, was die Kulisse, die Stimmung und die Atmosphäre angeht."

Schrittmacher für die Norm

Es ist klar, dass Carsten Schlangen das so sieht, denn bei den beiden letzten Istafs ist er jeweils persönliche Bestzeiten gerannt: Im vorigen Jahr qualifizierte er sich mit seinen 3:34,99 Minuten für die Olympischen Spiele in Peking, am vorigen Sonntag erfüllte er in 3:34,60 das No-minierungskriterium für die Weltmeisterschaften vom 15. bis 23. August auf der
gleichen blauen Bahn im Berliner Olympiastadion. Dass sich in dem sogar noch schnelleren Erfurter Stefan Eberhardt (3:33,92) ein weiterer 1500-Meter-Läufer für den Saisonhöhepunkt qualifizierte, hat es lange nicht mehr gegeben im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Dieser erfreuliche Umstand hat viel mit dem Istaf zu tun.

„Wir müssen den Istaf-Leuten auch mal danken", findet Henning von Papen, der für die Mittelstrecken zuständige DLV-Trainer: „Wir bekommen seit zwei Jahren immer ein paar Startplätze für unsere Läufer." Das sei ein wesentlicher Grund, dass die lange brachliegende Disziplin gerade wieder aufblüht. In der jüngeren Vergangenheit rannten die 1500-Meter-Läufer ja nur in einem Teufelskreis: „Wir hatten selten die Chance, unsere Leute in hochkarätige Rennen zu bekommen", erklärt Papen, „selbst wenn sie mal die Form dafür hatten."

Die Veranstalter stellen ihre Teilnehmerfelder anhand von Bestzeiten zusammen, diejenigen der deutschen Kandidaten waren oft nicht gut genug, und sie wurden eben auch nicht besser, weil ihnen die nötige Konkurrenz als Antrieb fehlte. „Wenn man 3:35 laufen will, muss alles zusammenpassen", sagt Stefan Eberhardt, 24. Carsten Schlangen, 28, sagt: „Bei den nationalen Meetings gibt es kaum jemanden, der ein Rennen so zusammenstellen kann, dass die Norm-Zeiten herauskommen."

Bei seinem Saisoneinstand in Dessau Anfang Juni beispielsweise hätten die vorgesehenen Schrittmacher weder das Tempo eingehalten, das abgesprochen war, noch die Distanz, für die sie engagiert gewesen waren. „Plötzlich stand ich allein im Wind", erzählt Schlangen, „und das war's dann auch schon." Der Gegenwind bremste ihn herunter auf 3:43,17 Minuten, die erste Chance war vertan, die WM-Norm von 3:36,20 Minuten zu erfüllen.

Fortschritte erkennbar

Der 1500-Meter-Lauf beim Istaf hingegen war „ein Rennen, in dem alles gepasst hat", findet Eberhardt: das Wetter mit viel Wärme und wenig Wind, der Rennverlauf mit schnellen Gegnern und wenig taktischem Geplänkel, die Unterstützung des 64 000 Menschen zählenden Publikums. Davon haben alle Läufer profitiert: „Ich bin ja nicht der einzige, der eine persönliche Bestzeit gelaufen ist", sagt Eberhardt, der sich gegenüber dem Vorjahr um fast dreieinhalb Sekunden steigerte. Fünf Mitläufer schafften auch eine, vier weiteren gelang immerhin eine Saisonbestmarke.

Es ist freilich nicht dieses Berliner Rennen vom Sonntagnachmittag allein, das den Eindruck erweckt, dass die deutschen Mittelstreckler wieder ein wenig im Kommen sind. Sie gehen mit einer ganz anderen Einstellung in ihre Wettkämpfe, mutiger, entschlossener, aggressiver. „Wir sind offensiver geworden", bestätigt Papen. Aber zu offensiv wollen sie den Rest der Welt nun auch nicht angreifen. „Es wäre fatal, wenn man jetzt als nächsten Schritt von den Jungs Zeiten von 3:32 Minuten erwartet", bremst der DLV-Trainer die Erwartungen: „Sie müssen sich jetzt erst mal in diesem Bereich stabilisieren."

Die Fortschritte scheinen dennoch keine einmaligen Ausrutscher zu sein. Außer Eberhardt und Schlangen gibt es über 1500 Meter noch den derzeit verletzten Wolfram Müller, 27, aus Pirna; der ehemalige U23-Europameister war in der Hallensaison am schnellsten unterwegs und verfehlte bei der EM in Turin nur knapp eine Medaille. „Der ist da konsequent von vorne gelaufen", lobt Schlangen, „man muss sich halt auch mal was trauen." Sowie der junge 800-Meter-Kol-lege Robin Schembera aus Leverkusen. Der gewann am Sonntag zwar beim Istaf, verfehlte aber in 1:45,96 Minuten noch die WM-Norm (1:45,40). „Auch er läuft sehr offensiv", sagt Carsten Schlangen, das gefällt mir gut.

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