26 Juni 2007 | Kommentare (0)
Wie kam es dazu?
Ehrlich gesagt, treibt diese Frage zurecht nicht nur mich seit Sonntag um, sondern auch viele, die sich privat oder beruflich mit der Leichtathletik in Deutschland auseinandersetzen. Schließlich ist meine Einzelleistung auch Bestandteil einer Mannschaftsleistung.
Nach einem sehr anstrengenden "Tag nach der Katastrophe" mit vielen Anrufen, Emails und Diskussionen bin ich heute ein wenig zur Ruhe gekommen. Ich habe mir Zeit genommen und vor Allem mit denen gesprochen, die mich seit langer Zeit kennen und beobachten. Das sind mein Trainer Roland Wolff aus Berlin, Jonas Stifel und Franek Haschke aus der Trainingsgruppe, mein ehemaliger Trainer aus Meppen (Gerhard Janning) und sicher nicht zu vergessen mein Bruder, meine Mutter und mein Vater.
Eigentlich wollte ich diese Gespräche zunächst sacken lassen – und mich zu all den im Leichtathletik.de-Forum gestellten Fragen erst in einigen Tagen äußern. Beim Versuch, gerade eben schlafen zu gehen, gingen mir die ganzen Diskussionen erneut durch den Kopf und ich kann nicht länger einfach nur liegen und hoffen, über die Gedanken einzuschlafen.
Die Antwort:
Ich möchte klar sagen, dass es nicht den Grund für mein desolates Abschneiden in München gibt.
Vermutlich ist die Begründung eher in einer Kombination aus vielen Einzelfaktoren zu suchen. Ich habe am Montag und Heute recht starken Husten gehabt. Normalerweise habe ich einige Stunden nach harten Rennen diesen "Belastungshusten" – aber dieser war anders und wesentlich hartnäckiger. Ich fühle mich Heute leicht erkältet. Es ist allerdings nicht so, daß ich mich deshalb zu Hause verstecke und das Bett hüten muß. Bereits am Montagabend habe ich mich wieder mit meiner Trainingsgruppe in Berlin getroffen und konnte auch wieder mit Spaß laufen.
Ich denke, daß ich die ständig wechselnden Klimata des Wochenendes nicht so gut verkraftet habe. Draußen waren es zum Teil ca. 30°C, im Bus wiederum 15°C, im Hotel vielleicht 20°C. Über diese Bedingungen haben sich recht viele DLV-Athleten
zurecht beklagt.
Der Lauf am Sonntagnachmittag fand im brutal aufgeheizten Stadion statt und ich habe recht früh gemerkt, daß "etwas" mit mir nicht stimmte.
Normalerweise laufe ich pro Saison einige 3000m Läufe und kann recht gut abschätzen, wie sich ein schneller Lauf anfühlen muß. Ich konnte in meinen letzten Rennen eigentlich recht stabil Zeiten um die acht Minuten anbieten – die meisten sogar deutlich darunter.
Der Brite begann das Rennen offensiv mit einem recht hohen Tempo (2:38min nach 1000m und 5:18min nach 2000m). Auf diese Zeiten war ich vom Kopf her eingestellt. Meine persönliche Bestzeit liegt bei 7:51min (2006) und auch im Training sind wir vor einigen Wochen in Turnschuhen 2000m in 5:20min gelaufen. Am Mittwoch vergangener Woche bin ich sehr nah an meine eigene Bestleistung über 1500m herangekommen (3:38:90min). Von keinem anderen deutschen Athleten wurde die 3:39min Marke in den letzten drei Jahren unterboten.
Ich habe mir beim Rennen im Olympiastadion immer wieder gesagt, diese Pace kannst Du mitgehen. Das muß funktionieren. Häufig ist es eben so, daß gerade bei den 3000m Läufen der Konten erst bei 2000m so richtig platzt und die Beine einfach nur noch das machen, was der Kopf verlangt.
Leider war das am Sonntag nicht der Fall. Mir ging es nach 2000m extrem schlecht und meine Koordination ging mir komplett verloren. Ich denke, daß jeder, der am Sonntag zugeschaut hat, die letzten qualvollen Meter gesehen hat. Die Aufzeichnung en können leider nicht wiedergeben, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe – es war 1000x schlimmer.
Ich war nach dem Lauf für ca. eine Stunde in ärztlicher Behandlung, die ich sonst in der Regel ablehne und versuche, mich gleich auszulaufen. Aber nicht einmal an aufrecht stehen war mehr zu denken.
Ich bin bis an meine Grenze gegangen und sicherlich, um der Mannschaft willen, auch deutlich darüber hinaus. Die Mannschaft hat mir zu keinem Zeitpunkt einen Vorwurf gemacht sondern die Leistung anerkannt, die ich mir selbst abverlangte.
Zu viele Rennen in zu kurzen Abständen?
Im letzten Jahr habe ich meine Bestzeit über 3000m beim Meeting in Leverkusen eingestellt. Das war genau eine Woche nach zwei harten Rennen über 1500m – dem Vor- und Endlauf bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm. Zwei Wochen vor Leverkusen bin ich meine heute noch gültige Bestzeit von 3:38:04min gelaufen. Ich denke daher, daß es nicht zu viele Läufe waren.
Erkenntnis
Ich hoffe, daß ich mit meiner Darlegung ein wenig mehr Klarheit schaffen konnte. Der DLV und die Disziplintrainer haben sich nach Lage der Dinge für den "derzeit stäksten" entschieden. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß meine Nominierung eine richtige Entscheidung war. Für mich bleibt die Erkenntnis, daß ich als Läufer nicht einfach so "funktioniere". Es bedarf bestimmter Rahmenbedingungen, die einfach passen müssen, um auf der Bahn optimale Leistung zu bringen.
Ich möchte auch noch einmal deutlich klarstellen, daß meine Leistung in Kassel nichts mit einer "allgemein schwankenden Leistung dieser Saison" zu tun hat. Wer meinen Lauf in Kassel gesehen hat (Video zum Download ), der weiß, daß ich dort einfach mal ausprobiert habe, extrem schnell anzugehen, um eine schnelle Zeit zu laufen. Wenn mir diese Versuche im Nachhinein anders dargelegt werden, oder man gar versucht, mir diese Freiheit zu nehmen, dann können wir die 1500m auch gleich kampflos als "tote Disziplin" den Kenianern überlassen. Die versuchen sich immer wieder an schnellen Zeiten, brechen äufig gnadenlos ein – und irgendwann laufen sie durch.
An dieser Stelle möchte ich mich bei all denen bedanken, die mir in den letzten Tagen geholfen haben, diesen Lauf so schnell es geht zu überwinden.
Danke, Carsten
18 Juni 2007 | Kommentare (0)
Als Reisender im Namen des Sports kann man so einiges erleben – hier eine Episode über Sportmanager.
Ich habe Euch ja bereits von meinem Lauf in Kassel berichtet und dachte, daß mein mutiger Versuch, eine schnelle Zeit zu laufen, allein Konsequenzen für mich hätte. Aber weit gefehlt! Beim Meeting in Biberach kam ich zum ersten Mal in unangenehmen Kontakt mit der "professionellen Sportwelt", die meinen Versuch gar nicht so lustig fand.
Jonas, mein Trainer Roland Wolff und ich saßen nun gemütlich am Vorabend des Meetings bei tollem Essen. Zu uns gesellte sich ein Mann in dunklem Anzug, der uns erläuterte, wie er sich die Zukunft der 1500m Läufe in Deutschland vorstelle. Der Mann ist Südafrikaner und Sportmanager zweier Athleten, die es bis heute leider geschafft hatten bei den German Meetings in 2007 immer einen kleinen Tick schneller zu sein als Jonas, Franek und ich.
Er redete viel von Bestzeiten und WM-Normen und wie diese zu erzielen seien. Auch darüber, daß "seine Jungs" die Kriterien zur WM erfüllen könnten. Gelangweilt überlegte ich bereits ob ich als Nachtisch Panacotta oder Tiramisu essen wollte, als der Sportmanager, dessen Namen ich bereits früh vergessen hatte, mich scharf attackierte.
Er forderte von mir, daß ich mich bei diesem Meeting in Biberach zurücknehmen solle. Ich habe bereits mit meiner "Aktion" den Tempomacher in Kassel anzuschieben, den Versuch der beiden "Jungs" vereitelt, die WM-Norm nun endlich zu schaffen. Dieses Mal sollte kein "Störfeuer" aus meinem Lager kommen. Diesmal sollte alles klappen! Wie bei der Beichte sollte ich diesem fremden Mann schwören, daß ich nichts unternähme, was den WM-Norm-Versuch der Jungs stören könne. Als Mann aus guter Erziehung sah ich mich natürlich nicht unmittelbar gezwungen, diesen Schwur abzuleisten und der Einschränkung persönlicher Freiheit zuzustimmen.
Nach reichlich anstrengender Debatte, in der ich zu jeder Gelegenheit versuchte mit unklaren Aussagen die Gegenseite weiter aufzubringen, entwarf dieser völlig von Zahlen und Daten Gefütterte eine Vision, wie das Rennen abzulaufen habe.
An erster Position rennt Tempomacher "A", dann "Junge 1", dann "Junge 2" darauf folgt Tempomacher "B" (der auch zwischenzeitig anders genannt wurde – "Tempo-Schlangen" und dann sollte der "Rest" folgen. Ein besonders findiger Plan, der auch meinem Trainer Roland Wolff ein breites Grinsen ins Gesicht zauberte. Auch Jonas zeigt sich zufrieden mit der Position als "Rest". Um die unangenehme Situation zu beenden – denn schließlich wartete noch Panacotta auf mich, willigten wir mit einem "So wird's gemacht!" ein.
Leider hatte der Manager in allem Übereifer vergessen, daß an der Startlinie 24 Läufer auf eine gute Zeit hofften – womit die Hoffnung eigentlich schon utopisch war. Als Manager von Welt – gleich dem großen Jos Hermens – erdreistete sich unser Freund aus Südafrika die Startaufstellung direkt vor dem Lauf gleich selbst zu diktieren. Dabei stellte er sich direkt in den Innenraum, was eigentlich zu einer sofortigen Disqualifizierung der "Jungs" geführt hätte und ordnete an, daß Jonas und ich aus der zweiten Reihe starten sollten. Damit war das Rennen für uns eigentlich bereits gelaufen.
Mir half noch in letzter Sekunde der für die Athleten bei den German Meetings zuständige Günter Stieglitz. Ich kam noch in die erste Startreihe.
Nach zahlreichen Stolperern und einer Aufreihung, die der vom Manager aufgestellten Vision recht nahe kam, konnte ich einen guten vierten Platz in 3:39:94min belegen und recht nah an die "Jungs" rankommen, die auf dem Weg zur WM Norm ihr ideales Rennen nicht genutzt haben. Für Jonas endete der Lauf in einem Kampf mit dem "Rest"; entmutigt von der Situation erreichte er als zehnter eine Zeit von 3:43:07min.
Vielleicht sollte es in Cottbus wieder mehr Störfeuer geben, das macht den Sport interessanter und freier.
Euer Carsten
6 Juni 2007 | Kommentare (0)
Warum mache ich sowas?
Ehrlich gesagt, habe ich mir zu keinem Zeitpunkt konkret vorgenommen, bei dem German Meeting in Kassel so schnell anzugehen. An diesem Tag habe ich mich sehr gut gefühlt – die WM-Norm von 3:36:60min ist äußerst happig und ich wollte probieren, an diese heranzulaufen.
Nachdem ich mich in der Presse über zu langsame Tempomacher beschwert hatte, mit denen es nicht möglich ist, solche Zeiten anzurennen, bekamen wir mit Glody Dube (Botswana) einen hervorragenden Tempomacher gestellt. Die erste Runde ist Glody Dube sehr flott angegangen (54sec) und wollte dann ein wenig das Tempo rausnehmen. Ich war an diesem Tag in Kassel richtig heiß und wollte mein Glück versuchen. Ich feuerte den Tempomacher an, einfach weiter Druck zu machen.
So sind wir mit unvermindertem Tempo weitergelaufen. Die 800m Marke habe ich in meiner Bestzeit über 800m (1:51min) aus dem vorigen Jahr passiert. Das konnte nicht gut gehen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber denke ich keine andere Wahl, als mein Glück weiter zu versuchen. Ich wollte lieber mit fliegenden Fahnen untergehen, als mich zu einem frühen Zeitpunkt reuig vom Feld einholen zu lassen. Ich konnte bis 250m vor dem Ziel die Führung halten – dann wurde ich vom Feld eingeholt und wurde letzter.
Warum nicht aussteigen?
Ich bin vor einigen Jahren bei einem kleinen Volkslauf in Meppen (in Führung liegend) ausgestiegen. Damals handelte ich mir zurecht viel Kritik von meinem damaligen Trainer Gerhard Janning ein. Ich habe mir geschworen, aus keinem Rennen mehr auszusteigen – koste es, was es wolle.
Schön, daß ich von meinem Bruder gleich nach dem Rennen eine SMS erhielt: “Rather dying than never trying, Dirk!”