Schlangen heute im Halbfinale

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Olympia-Spezial - SID
17 August 2008 | Kommentare (0)

1500-m-Läufer Carsten Schlangen steht heute bei den Olympischen Spielen im Halbfinale. Der Berliner mit emsländischen Wurzeln (Meppen) kam durch gute 3:36,34 Minuten als Sechster seines Vorlaufs weiter. Schlangen ist der einzige männliche deutscher Mittel- oder Langstreckler in Peking. „Es ist überwältigend, vor 90000 Zuschauern zu laufen. Der Wahnsinn. Ich habe mir als Sechster gedacht: Ob das gereicht hat? Ich habe um jede Hundertstelsekunde gekämpft", sagte der 27-jährige Schlangen.

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Die Wirklichkeit im Traumland

Geschrieben von: Süddeutsche Zeitung - Thomas Hahn - Bild: Getty
16 August 2008 | Kommentare (0)

Die Wirklichkeit im Traumland - Ein Beitrag der Süddeutschen zur Leichtathletik Olympia 2008 Bild: Getty

Carsten Schlangen blickte die mächtigen Tribünen empor. Er ließ den Blick über die vollen Ränge hinauf zu der Flamme schweifen, die aus einer riesigen Fackel über dem Stadionrand loderte. Er ließ die Atmosphäre auf sich wirken, die voll war mit Musik und Lärm, und er merkte, wie sein Herz höher schlug, wie ihn verwirrende Gedanken anflogen. Ich, Carsten Schlangen aus Berlin, Architektur-Student und 1500-Meter-Läufer, bin Teil dieser gewaltigen Inszenierung? Er kannte Olympia bis dahin nur aus dem Fernsehen als entfernte Traumlandschaft des großen Sports. Jetzt, da er mittendrin stand, überwältigte sie ihn. Aber dann kam sein Vorlauf, und die Wirklichkeit holte ihn ein. Das Tempo war hoch, er hatte zu kämpfen und rettete sich knapp in die nächste Runde mit einer guten Zeit von 3:36,34 Minuten. Wenig später hing er erschöpft über einem Geländer in der Interviewzone und berichtete von den Härten in der strahlenden Olympia-Arena: „Ich habe gleich gesehen, dass es abgeht in dem Rennen."

Wie eine prachtvolle, bunte Bühne liegen Feld und Bahn im Pekinger Vogelnest vor dem Publikum. Alles ist groß, alles ist schillernd, alles ist aufgeladen mit künstlicher Bedeutung, und es gibt keinen Zweifel, dass die Mythenfabik des Sports hier wieder ein paar denkwürdige Episoden für die olympischen Geschichtsbücher hervorbringen wird. Aber die Wirklichkeit ist natürlich auch noch da, trotz allem Tand, und die sieht ein hartes Stück Arbeit vor für die Deutschen Leichtathleten im Kampf um Erfolg und Auf merksamkeit daheim. Schillernd ist zunächst einmal gar nichts an ihnen, es gibt nur ein paar aussichtsreiche Teilnehmer in der Mannschaft, und ansonsten die Hoffnung im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), dass die Zuschauer Verständnis aufbringen, wenn es Niederlagen gibt im rettungslos beschleunigten Olympia-Wettbewerb.

Schon der erste Tag im Vogelnest hat die deutschen Perspektiven zurechtgerückt. Diese internationale Leistungsgesellschaft verzeiht keine Schwächen. Es reicht nicht, gut zu sein wie die Potsdamer 3000-Meter-Hindernisläuferin Antje Möldner, 24, die ein beherztes Rennen zeigte, in 9:29,86 Minuten einen deutschen Rekord aufstellte und dennoch im Vorlauf ausschied. Unter anderem gegen die weit vorauseilende russische Weltre-kordlerin Gulnara Galkina-Samitowa, in deren Verband es zuletzt eine spektakuläre Affäre mit fünf wegen Manipulation suspendierten Olympia-Nominierten gab. Was sollte Antje Möldner dieser Frau entgegensetzen? Sie hatte alles richtig gemacht, da durfte nicht stören, dass sie das Finale verpasst hatte. Sie jubelte zu Recht: „Es ist einfach zu schön."

Es gab gleich erste Enttäuschungen. Der Leipziger Kugelstoßer Peter Sack, Bestleistung 21,19 Meter, schaffte es am Freitagmorgen nicht, binnen drei Stößen die Qualifikationsweite von 20,40 Metern zu übertreffen. Am Ende fehlten ihm auf seinem 13. Rang mit seinen 20,01 Metern läppische zwei Zentimeter für einen der zwölf Finalplätze. Und 100-Meter Sprinter Tobias Unger lief auch nicht im Bereich seiner Bestleitung (10,16). Mit 10,46 Sekunden überstand er um ein paar Tausendstelsekunden die erste Runde, im Viertelfinale war er dann chancenlos mit braven 10,36.

Da brauchte man keine Verschwörungstheorien zu bemühen, beide wussten, dass sie sich besser hätten präsentieren können. Und dennoch beschlich sie eine kleine Resignation, die nicht von Ungefähr kommen konnte. „Es wäre halt traurig, wenn sie jetzt einen erwischen", sagte Peter Sack. Ein solcher Dopingfall würde ihn nämlich nachträglich doch auf den ersehnten Finalplatz bringen. Ob er glaube, dass jemand erwischt werde? „Ich hoffe es inständig." Mehr sagte Peter Sack nicht, aber das reichte schon, um zu wissen, dass sein Szenewissen einen konkreten Verdacht ergeben hatte. Wenige Stunden später brach dann polnischer Jubel um einen bärtigen Hünen los: Tomasz Majewski wurde etwas überraschend Olympiasieger im Kugelstoßen.

Tobias Unger betrachtete aus der Distanz, wie die Sprintfavoriten sich gaben. Der amerikanische Dreifachweltmeister Tyson Gay wirkte nach überstandener Verletzung nicht ganz so spritzig wie sonst bei seinen Vorläufen. Der WM-Dritte Asafa Powell, Bestzeit 9,74, steuerte ohne viel Theater ins Halbfinale, und Weltrekordler Usain Bolt rannte im Viertelfinale 9,92 Sekunden, obwohl er auf den letzten Metern fast stehen geblieben war. Feixend marschierten Bolt und Powell kurz darauf durch die Interviewzone. Sie fühlen sich sehr sicher vor dem großen Finale diesen Samstag. Tobias Unger lächelte ohnmächtig. „Dazu sage ich nichts mehr", sagte er.

Überraschung im Siebenkampf

Und selbst Carsten Schlangen, dessen erster olympischer Wettkampftag als Erfolg endete, wunderte sich. Er hatte Rashid Ramzi aus Bahrain in seinem Vorlauf gehabt, den Doppelweltmeister von Helsinki 2005. Ramzi ist diese Saison nicht zu sehen gewesen, in der Welt Jahresbestenliste ist von ihm keine Spitzenleistung vermerkt. Jetzt preschte er voraus, ohne lange zu taktieren. 3:32,89 Minuten. „Naja okay", sagte Carsten Schlangen, „schon beeindruckend."

Sie werden den Blick von den Gegnern und der imposanten Kulisse abwenden müssen und versuchen, mit Anstand aus dieser wilden Show herauszukommen. Auch wenn es schwer fällt, wie den Siebenkämpferinnen, denen ebenfalls eine Niederlage mit Nebengedanken droht. Jennifer Oeser liegt auf Platz zwölf nach vier Disziplinen, die EM-Zweite Lilli Schwarzkopf auf 14, Sonja Kesselschläger auf 17. Es führt mit 4060 Punkten die Amerikanerin Hyleas Fountain, 27, eine unscheinbare WM-Abbrecherin von 2007. Sie erlebt eine Saison voller Bestleistungen, am Freitag stellte sie gleich drei auf. Sie war ziemlich abgebrüht für eine Olympia-Novizin.

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„Jetzt gehört er zu den Großen dazu"

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Emslandsport - Richard Schimmöller - DPA
16 August 2008 | Kommentare (0)

Schlangen: Am Ziel meiner Träume – Ex-Trainer Janning: Es ist noch nicht zu Ende

Meppener Tagespost - „Jetzt gehört er zu den Großen dazu"

„Klasse. Wahnsinn. Das hat er super gemacht." Gerd Janning zeigte sich noch Stunden später restlos begeistert über den Halbfinaleinzug von Carsten Schlangen über 1500 m in Peking. Den beherzten Lauf seines ehemaligen Schützlings bei Union Meppen hat der Leichtathletik-Ex-Trainer und gute Freund des einzigen deutschen Läufers bei den Olympischen Spielen im Urlaub in Österreich am Bildschirm verfolgt – und ihm anschließend sofort per Telefon im „Vogelnest" gratuliert.

Aufgeregt hatte Janning wie die vielen anderen emsländi-schen Leichtathletikfreunde zwischen Eurosport und ARD hin- und hergeschaltet, um alle Bilder des Laufes und auch das aktuelle Interview im Ersten mitzubekommen. „Auch das Interview hat Carsten super gemacht", fand er.

Im schnellsten der vier Vorläufe verpasste Schlangen zwar den für die Direktqualifikation notwendigen fünften Platz, als er vom Italiener Obrist, den er bisher schon einige Male geschlagen hatte, und dem Kanadier Sulivan noch abgefangen wurde, kam aber als zeitschnellster Sechster und insgesamt als 21. in das 24-köpfige Halbfinalfeld.

„Nach 1200 m sah man, dass er blau wurde. Aber er hat das durchgezogen und mit der Geschwindigkeit mitgehalten", beobachtete Janning am Bildschirm stolz die kämpferischen Qualitäten der ems-ländischen „Schlange", die im richtigen Moment zubiss. „Jetzt gehört er dazu, zu den Großen."

„Vor drei Jahren haben wir zusammen noch den deutschen Vize-Titel geholt, vor zwei Jahren gewann er die erste Deutsche Meisterschaft, im letzten Jahr startete er erstmals bei den Europameisterschaften, und jetzt steht er bei Olympia im Halbfinale", ließ Janning die Blitzkarriere des inzwischen für Berlin startenden 27-jährigen Architekturstudenten Revue passieren.

„Ich bin am Ziel meiner Träume", jubelte Carsten Schlangen derweil in Peking, nachdem er das „Wahnsinnsgefühl vor 90000 Zuschauern zu starten und den Druck auszuhalten" erleichtert genießen konnte, die Glückwünsche seiner Eltern und auch seines gerade noch rechtzeitig angekommenen Berliner Trainers Prof. Roland Wolff im Stadion entgegengenommen hatte und sich nach einem „schönen Essen" im Olympischen Dorf sehnte und sich eine kleine Belohnung zur Regeneration versprach: „Vielleicht trinke ich heute Abend noch ein Bier."

Viele Chancen, das Finale zu erreichen, rechnet sich Carsten nicht aus. „Die Jungs hier sind einfach sehr sehr schnell und sehr sehr gut." Aber vielleicht geht ja doch noch etwas am Sonntag. Auf jeden Fall will er locker bleiben. „Ich versuche, das Halbfinale als ernsten Spaß zu nehmen."

„Alles was jetzt kommt, ist Verzierung, ist Zugabe", weiß auch Gerd Janning, gab aber das Finale noch nicht verloren. Für ihn ist das Zittern am Bildschirm „noch nicht zu Ende".

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„Hier ist alles so schön wie früher im Fernsehen"

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Olympia-Spezial - Michael Jonas
16 August 2008 | Kommentare (0)

Meppener Schlangen erreicht über 1500 m das Halbfinale, jetzt will er nur noch genießen

„Ich muss mich mal hängen lassen. Am Start ist mir ganz schön die Pumpe gegangen", suchte Carsten Schlangen Halt an einer Stange.

Die Freude über den Halbfinaleinzug des 1500-m-Läufers kam etwas später. Der 27 Jahre alte gebürtige Meppener, dessen Eltern im Nationalstadion waren, wurde gestern bei seiner Olympia-Premiere Sechster seines Vorlaufs in 3:36,44 Minuten und kam als einer der Zeitschnellsten in die nächste Runde am Sonntag. Er blieb damit knapp anderthalb Sekunden über seiner persönlichen Bestleistung von 3:34,99 Minuten.

„Ich habe mein Hauptziel erreicht, jetzt werde ich das Ganze genießen. Genießen heißt aber nicht aufgeben", meinte der Architekturstudent, der für die LG Nord Berlin startet. Seinen Lauf schilderte er so: „Die ersten drei haben richtig Tempo gemacht. 250 Meter vordem Ziel ging dann die Post richtig ab. Ein paar Leute haben eine bisschen mehr drauf als ich", schmunzelte der Mittelstreckler.

Die Zeit von Sieger Ramzi Rashi aus Bahrain überraschte den Emsländer. „Der ist aus der Versenkung gekommen. Vor kurzem hatte er noch eine 37er-Zeit stehen, jetzt hat er sie gleich um fünf Sekunden verbessert." Ramzi siegte in 3:32,89 Minuten.
Schlangen hat die Olympischen Spiele verinnerlicht, wie er sie als Kind wahrgenommen hat. „Alles ist hier wie im schönsten Fernsehen, als ich als kleiner Junge Olympia geguckt habe. Ich kann noch nicht richtig begreifen, ein Teil davon zu sein."

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Schlangen hofft auf schnelles Rennen

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Emslandsport - Richard Schimmöller
15 August 2008 | Kommentare (0)

Meppener heute mit Kenianer Kiprono Choge im Vorlauf – „Es wird hart"

Gleich am ersten Tag der Leichtathletik-Wettbewerbe bei Olympia muss Carsten Schlangen heute über 1500 m ran. „Da im Vorlauf rauszufliegen, wäre nicht so toll", verspürte der 27-jährige Meppener gestern eine besondere Belastung.

„Das würde den Druck auf die anderen verstärken und die Diskussion wieder anheizen, warum die zu Hause bleiben mussten", sieht sich der mit dem Wechsel zur LG Berlin Nord erst spät in die international Mittelstreckenphalanx eingedrungene   Architekturstudent herausgefordert. Er ist schließlich der einzige deutsche Repräsentant der Mittel-und Langstreckenläufer in Peking. Für ihn bedeutet das eine zusätzliche Bürde. Da will er sich unter den 50 internationalen Konkurrenten schon ordentlich behaupten.

Schlangen, der erst Montag aus dem Trainingslager in Japan anreiste, startet im letzten von vier Vorläufen am Abend um 19.37 Uhr Ortszeit. Die ersten fünf aus jedem Lauf plus die vier Zeitschnellsten sind im Zwischenlauf am Sonntag dabei. Den sollte er erreichen. Doch schon das wird „hart", wie er sagt, auch wenn der Regen gestern die Belastungen durch Hitze und Staub für den Neurodermitiker deutlich verbesserte.
Mit ihm starten im Vorlauf auch die Mitfavoriten auf die Goldmedaille Augustine Kiprono Choge (Kenia), der mit der besten Vorleistung aller Starter (3:31,57 min) anreiste, und Ex-Weltmeister Rashid Ramzi (Algerien). „Drei sehr Schnelle und drei bis vier, die auch sehr schnell sind", machte der Emsländer im 13er-Feld aus.

„Ich hoffe, dass ich mich dazwischenhängen und am Ende mitsprinten kann", wünscht er sich einen „schnellen Lauf".

Mit seiner beim ISTAF in Berlin gelaufenen Bestzeit von 3:34,99 min, die ihm das Olympiaticket einbrachte, befindet er sich im großen Feld der vielen Starter, die mit ihrer Jahresbestzeit um die 3:35 min ganz eng beieinander liegen.

Die größten Chancen auf olympisches Gold räumt Schlangen dem Weltmeister Bernard Lagat (USA) ein, obwohl der bislang auch nur eine 3:35,14 vorweisen kann. „Er hat auf den Punkt genau trainiert", glaubt der bescheidene Meppener und stimmt mit anderen Experten überein, die Lagat ebenfalls weit oben auf der Rechnung haben.

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