Die Ausnahmen werden zur Regel

Geschrieben von: Süddeutsche Zeitung - Sport - Joachim Mölter
19 Juli 2006 | Kommentare (0)

Mit dem Niveau der deutschen Leichtathletik geht es abwärts, darüber täuscht nicht hinweg, dass der Verband die stattlich erscheinende Zahl von 80 Athleten nominiert hat für die EM in Göteborg. 2002 beim Heimspiel in München waren es noch 95 gewesen, vor acht Jahren in Budapest sogar 111. Und selbst die 80 DLV-Vertreter der Saison 2006 gaukeln eine Stärke vor, die nicht durch Leistungen gedeckt ist: Wenig mehr als die Hälfte hat die mittels Normen festgelegte EM-Tauglichkeit tatsächlich bestätigt.

Es ist der Eindruck entstanden, dass die DLV-Funktionäre bei der Nominierung ihre Richtlinien gebogen haben bis zum Brechen, um den Schein eines starken Teams zu erwecken – und sei es nur ein zahlenmäßig starkes. Nun gibt es sicher in einigen Fällen fachliche Gründe, sich über die lange im voraus genormten reinen Zahlen hinwegzusetzen: Einem Leistungsbild auf europäischer Ebene, das sich anders darstellt als eingeschätzt, muss man Anforderungen und Erwartungen anpassen; Staffelmitglieder muss man im Einzelrennen einsetzen können, ohne dafür die Normerfüllung zu verlangen; Talente müssen natürlich die Chance bekommen, international Wettkampfpraxis zu sammeln. Wenn man die ihnen nicht bei einer EM gibt, wo und wann dann?

Trotzdem: Der DLV hat so viele Ausnahmen bei der Nominierung gemacht, dass es fast keine Regeln mehr gibt, zumindest keine, die sich interessierten Laien schlüssig erklären lassen. Im EM-Aufgebot stehen zu viele Athleten, die die ursprünglich zweimal zu erfüllende Norm nur einmal geschafft haben – oder gleich gar nicht. Bundestrainer Mallow hat zwar eigens auf die Möglichkeit hingewiesen, „die Richtlinien in jeder Hinsicht außer Kraft zu setzen". Nur: Wozu hat man sie dann überhaupt festgelegt? Und wenn man so sehr auf Talente setzt: Hätte man nicht von vornherein Ausnahmen für sie einarbeiten können wie 2002?

Auch für die Weltmeisterschaften 1995 in Göteborg (!) hatte der DLV großzügig und teilweise schwer nachvollziehbar nominiert, ohne Erfolg. Die WM geriet zu einem Tiefpunkt, danach installierte der DLV eindeutige und strenge Regeln für die Nominierung, vor allem um Transparenz zu schaffen. Diese Regeln wurden im Lauf der Jahre derart verwässert und aufgeweicht, das der geneigte Beobachter den Durchblick verloren hat. Auch so schreckt man sein Publikum ab.

 

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Nominierung ohne Norm

Geschrieben von: Süddeutsche Zeitung - Sport - Joachim Mölter
19 Juli 2006 | Kommentare (0)

Der DLV reist mit einem großen Aufgebot zur EM nach Göteborg

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat 80 Athleten für die Europameisterschaften vom 7. bis 13. August in Göteborg nominiert, deutlich mehr als zu erwarten war. Strenggenommen haben nur 44 Sportler die geforderten Leistungsnachweise für einen Einzelstart erbracht; selbst wenn man alle Staffellläufer über 4×100 und 4×400 Meter hinzuzählt, bleiben ein Dutzend Sportler übrig, die der DLV mitnehmen will, obwohl sie die geforderten Normen nicht übertroffen haben. „Es war eine sehr athletenfreundliche Entscheidung", gab Ei-ke Emrich zu, der DLV-Vizepräsident für Leistungssport.

 

Jürgen Mallow, der leitende Bundestrainer, erklärte, dass neben der reinen Nonnerfüllung zwei weitere Aspekte bei der Nominierung berücksichtigt wurden: die aktuelle Platzierung in der europäischen Bestenliste und die damit verbundene Endkampfchance sowie das Alter der Athleten. Die Frage sei gewesen: „Will ich mich akribisch wie ein Buchhalter an Normen und Zahlen festhalten? Oder Athleten aufbauen für künftige Großereignisse wie Olympia 2008 in Peking und die WM 2009 in Berlin?" Letzteres habe Priorität gehabt bei der Diskussion am Montag, sagte Mallow.

So kamen vor allem Athleten der Jahrgänge 1985 und 1986 in den Genuss, nominiert zu werden, ohne eine Norm erfüllt zu haben: die Sprinter Verena Sailer (Fürth/München/Würzburg/100  Meter), Daniel Schnelting (Rhede/200 Meter) und Jens Werrmann (Zweibrücken/110 Meter Hürden), die Springer Sebastian Bayer (Weit) und Julia Hartmann (Hoch/ beide Leverkusen), die Hindernisläuferin Verena Dreier (Sieg) sowie die Speerwerferin Annika Suthe (Leverkusen).

Das „Kriterium des geringen Lebensalters" (Emrich) sei aber nicht allein ausschlaggebend gewesen, versicherte Mal-low: „Jung sein allein reicht nicht – es muss auch Leistung dahinterstehen." Was als solche anzusehen ist, wurde von den DLV-Verantwortlichen mitunter sehr großzügig interpretiert: Für den bereits 25 Jahre alten 1500-Meter-Meister Carsten Schlangen (Berlin) sprach beispielsweise die Platzierung in der europäischen Rangliste – mit seinen 3:38,04 Minuten ist er dort gegenwärtig Zwölfter. „Man muss die Leute mitnehmen, wenn sie eine ganz klare Endkampf-Chance haben", sagte Mallow.

Eine namentliche Nominierung bleibt vorläufig offen: Wer den dritten Startplatz bei den Speerwerfern bekommt, entscheidet sich erst am 30. Juli in Nürnberg zwischen Peter Esenwein (Korn-westheim) und Mark Frank (Rostock). In sieben Disziplinen fanden die DLV-Verantwortlichen freilich gar keinen Grund für eine Nominierung: 1500 Meter und Dreisprung bei den Frauen sowie bei den Männern Marathon, 400 Meter Hürden, 3000 Meter Hindernis, 50 Kilometer Gehen und Hochsprung.

 

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Ein Aufsteiger für die EM

Geschrieben von: Leichtathletik.de - Leute - Dorothee von Winning
18 Juli 2006 | Kommentare (0)

Manchmal schreibt das Leben schon erstaunliche Geschichten. Vom Tellerwäscher zum Millionär, oder wie in Carsten Schlangens Fall vom „Nobody“ zum frischgekürten Deutschen Meister über 1.500 Meter und EM-Starter. Seinen kometenhaften Aufstieg aus dem letzten Jahr konnte der 25 Jahre alte Architekturstudent in diesem Jahr mit hervorragenden Zeiten fortsetzen. 

Er bildet mit seinen beiden Teamkollegen von der LG Nord Berlin, Jonas Stifel und Franek Haschke, das „Trio Infernale“ der deutschen Leichtathletik auf den Mittelstrecken.

„Manchmal kann ich kaum glauben, wie gut sich alles entwickelt hat“, gesteht Carsten Schlangen, nachdem er vor eineinhalb Wochen in Cuxhaven mit 3:38,04 Minuten zum wiederholten Mal eine neue persönliche Bestzeit gelaufen ist.

Lange Zeit nur ein Hobby

Bis vor zwei Jahren sei das Laufen für ihn einfach ein Hobby gewesen. Dass er schnell sei, habe er gewusst, aber über Hochleistungssport habe er nie ernsthaft nachgedacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Architekturstudium oberste Priorität.

Doch dann kamen im vergangenen Jahr der überraschende Sieg bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften und der zweite Platz bei den Deutschen Meisterschaften. Eine persönliche Bestzeit folgte der nächsten und der Gewinn der diesjährigen Deutschen Meisterschaft in 3:42,35 Minuten mit der nun erfolgten EM-Nominierung für Göteborg (Schweden; 7. bis 13. August) ist die überraschende Krönung seiner bisherigen Karriere.

Studium vor Karriere

Begonnen hat der Student seine sportliche  Laufbahn als Jugendlicher beim SV Union Meppen. „Dort war ich zwar immer der Schnellste, aber da die gute Konkurrenz fehlte, wusste ich nicht, dass ich national mithalten konnte“, erinnert sich der Athlet.

Auch nach seinem Umzug in die Bundeshauptstadt hielt er seinem Heimatverein die Treue. „Schließlich bin ich wegen des Architekturstudiums und nicht wegen des Sports nach Berlin gekommen“, erklärt er.

Folglich konzentrierte er sich ab 2001 hauptsächlich auf sein Studium und verbrachte 2003 und 2004 zwei Auslandssemester in Helsinki. „In Finnland bin ich selten gelaufen, dort habe ich lieber Skilanglauf betrieben“, erzählt Carsten Schlangen schmunzelnd. Doch schon damals, kurz vor Beendigung seines Grundstudiums, sei in ihm der Wunsch gereift, das Studium etwas ruhiger anzugehen und sich intensiv dem Laufen zu widmen.

Rasanter Aufstieg

Danach ging alles ziemlich schnell. Er begann wieder regelmäßig zu trainieren für den SV Union Meppen zu laufen und gewann im Mai 2005 völlig überraschend die Deutschen Hochschulmeisterschaften in 3:48,28 Minuten für die TU Berlin. Daraufhin begann er sich nach einem geeigneten Verein in Berlin umzusehen und stieß auf die Trainingsgruppe der LG Nord Berlin mit ihrem Mentor Roland Wolff, dem Professor für Sportmedizin an der Humboldt Universität Berlin.

Bei seinem neuen Verein traf Carsten Schlangen schließlich auf Franek Haschke und Jonas Stifel. Die beiden zählen schon seit längerem zur deutschen Spitze über 1.500 Meter. Die interne Konkurrenz begann alle drei Läufer anzuspornen. So verbesserte Carsten Schlangen seine persönliche Bestzeit um erstaunliche zehn Sekunden innerhalb des letzten Jahres. „Es macht großen Spaß mit Franek und Jonas zu trainieren, da wir uns sehr gut verstehen und ständig zu immer besseren Zeiten treiben“, meint Carsten Schlangen.

Grenzen kennenlernen

Sport und Studium lassen sich inzwischen gut kombinieren. Da das tägliche Training immer erst am späten Nachmittag stattfindet, bleibt ihm genügend Zeit zum Lernen.

„Mein Ziel ist es, bis zum Ende meiner sportlichen Laufbahn meine eigenen Grenzen zu kennen und mich bis zum Limit zu fordern“, erklärt der blonde Athlet seine Ambitionen. Wenn er dabei auch noch Erfolg habe und – wie jetzt – bei einer Europa- oder sogar Weltmeisterschaft teilnehmen dürfe, wäre er äußerst zufrieden.

 

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Gaba jetzt Nummer fünf in Europa

Geschrieben von: Meppner Tagespost - Emslandsport - SID
17 Juli 2006 | Kommentare (0)

Schultz läuft sich aus der Staffel – DM-Titel für Fitschen und Spiegelburg

Meppener Tagespost - Gaba jetzt Nummer fünf in Europa (Bild - Hensel)Kein Hoch im Leistungsbild. Deutschlands Leichtathleten übten sich bei ihren windgeschädigten Titelkämpfen vor 12000 Zuschauern in Ulm in einer neuen Disziplin: auf der Stelle treten. Wenn auch in zehn Disziplinen auf hohem Niveau. 

Für die positivste Überraschung sorgte am Sonntag 400-m-Sieger Kamghe Gaba (22/LG Frankfurt), der sich in 45,47 Sekunden auf Position fünf der Europa-Rangliste verbesserte. Endgültig aus der Staffel lief sich als Achter und Letzter in 47,05 Sekunden Ingo Schultz (Leverkusen). Trotz nur einmal erzielter Norm dürften auch Speerwerfer Christian Nicolay (Wattenscheid/83,72) und der Erfurter Dreispringer Andreas Pohle (16,97) das EM-Ticket gelöst haben.

Rund zehn Medaillenchancen machte der Leitende Trainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), Jürgen Mallow, für Göteborg aus. Darunter die Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch (38), mit 66,29 m zum neunten Mal Meisterin, sowie Diskus-Denkmal Lars Riedel (Chemnitz/39), dessen 65,75 m den 11. Titel bedeuteten.

Im Stabhochsprung löste der aus Lengerich/Westfalen stammende Richard Spiegelburg (Leverkusen) als Vizemeister nach komplett erfüllter Norm das dritte EM-Ticket. Auch Schwester Silke Spiegelburg ließ durch den Siegsprung über 4,55 m erst gar keine Zweifel aufkommen, dass sie das EM-Ticket erhaltenwird.

Mit Meisterehren beendeten auch der Meppener Carsten Schlangen (Berlin) in der 1500-Meter-Disziplin und der Ex-Osnabrücker Jan Fit-schen (Wattenscheid) über die 5000-Meter-Distanz das Sportfest.

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Schlangen gewinnt souverän

Geschrieben von: Meppener Tagespost - Emslandsport - Richard Schimmöller
17 Juli 2006 | Kommentare (0)

Meppener Tagespost - Schlangen gewinnt souverän (Bild)„ Ich bin fix und fertig", kabelte Mentaltrainer Gerd Janning kurz nach dem „souveränen" Titelgewinn von Carsten Schlangen über 1500 m bei den deutschen Meisterschaften in Ulm in die Meppener Heimat.

Der jetzt für die LG Nord Berlin startende gebürtige Teglinger Schlangen hatte das Feld, in dem sich alle seine Konkurrenten tummelten, sicher kontrolliert. In 3:42,35 Minuten kam er 0,52 Hundertstel vor Stefan Eberhardt (Erfurt) und seinem Teamkollegen Franek Haschke ins Ziel.

Nach 300 Metern war der Architekturstudent aus dem Emsland nach vorne gestürmt und hielt das Tempo hoch. Zwischen 800 und 1000 m übernahm kurz Vereinskollege Jonas Stifel die Führung, ehe sich die dreiköpfige Spitzengruppe mit Carsten an der Spitze absetzte. Alle Angriffe wehrte der Teglinger glänzend ab. „Jetzt wird erst mal gefeiert", freute sich sein Meppener Coach Janning über den Coup und sah sich in seinen Prognosen bestätigt. „Ich habe es vor zwei Jahren vorausgesagt."

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