Nominierung ohne Norm

Der DLV reist mit einem großen Aufgebot zur EM nach Göteborg

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat 80 Athleten für die Europameisterschaften vom 7. bis 13. August in Göteborg nominiert, deutlich mehr als zu erwarten war. Strenggenommen haben nur 44 Sportler die geforderten Leistungsnachweise für einen Einzelstart erbracht; selbst wenn man alle Staffellläufer über 4×100 und 4×400 Meter hinzuzählt, bleiben ein Dutzend Sportler übrig, die der DLV mitnehmen will, obwohl sie die geforderten Normen nicht übertroffen haben. „Es war eine sehr athletenfreundliche Entscheidung", gab Ei-ke Emrich zu, der DLV-Vizepräsident für Leistungssport.

 

Jürgen Mallow, der leitende Bundestrainer, erklärte, dass neben der reinen Nonnerfüllung zwei weitere Aspekte bei der Nominierung berücksichtigt wurden: die aktuelle Platzierung in der europäischen Bestenliste und die damit verbundene Endkampfchance sowie das Alter der Athleten. Die Frage sei gewesen: „Will ich mich akribisch wie ein Buchhalter an Normen und Zahlen festhalten? Oder Athleten aufbauen für künftige Großereignisse wie Olympia 2008 in Peking und die WM 2009 in Berlin?" Letzteres habe Priorität gehabt bei der Diskussion am Montag, sagte Mallow.

So kamen vor allem Athleten der Jahrgänge 1985 und 1986 in den Genuss, nominiert zu werden, ohne eine Norm erfüllt zu haben: die Sprinter Verena Sailer (Fürth/München/Würzburg/100  Meter), Daniel Schnelting (Rhede/200 Meter) und Jens Werrmann (Zweibrücken/110 Meter Hürden), die Springer Sebastian Bayer (Weit) und Julia Hartmann (Hoch/ beide Leverkusen), die Hindernisläuferin Verena Dreier (Sieg) sowie die Speerwerferin Annika Suthe (Leverkusen).

Das „Kriterium des geringen Lebensalters" (Emrich) sei aber nicht allein ausschlaggebend gewesen, versicherte Mal-low: „Jung sein allein reicht nicht – es muss auch Leistung dahinterstehen." Was als solche anzusehen ist, wurde von den DLV-Verantwortlichen mitunter sehr großzügig interpretiert: Für den bereits 25 Jahre alten 1500-Meter-Meister Carsten Schlangen (Berlin) sprach beispielsweise die Platzierung in der europäischen Rangliste – mit seinen 3:38,04 Minuten ist er dort gegenwärtig Zwölfter. „Man muss die Leute mitnehmen, wenn sie eine ganz klare Endkampf-Chance haben", sagte Mallow.

Eine namentliche Nominierung bleibt vorläufig offen: Wer den dritten Startplatz bei den Speerwerfern bekommt, entscheidet sich erst am 30. Juli in Nürnberg zwischen Peter Esenwein (Korn-westheim) und Mark Frank (Rostock). In sieben Disziplinen fanden die DLV-Verantwortlichen freilich gar keinen Grund für eine Nominierung: 1500 Meter und Dreisprung bei den Frauen sowie bei den Männern Marathon, 400 Meter Hürden, 3000 Meter Hindernis, 50 Kilometer Gehen und Hochsprung.

 

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