„Ich hätte nicht gedacht, dass ich am Ende noch zulegen kann“

Geschrieben von: EL Kurier - Sport
1 August 2010 | Kommentare (0)

EM-Überraschung: Der aus Meppen stammende Carsten Schlangen erweist sich in Barcelona als Taktikfuchs und holt Silber über 1500 Meter

Die Fernsehbilder, die in Zeitlupe noch einmal eingespielt wurden, zeigten es überdeutlich. Mit weit aufgerissenen Augen hatte Carsten Schlangen die Ziellinie überquert. Der gebürtige Meppener, der inzwischen für die LG Nord Berlin startet und dort von Roland Wolff trainiert wird, hat den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert und beim überraschenden EM-Silber über 1500 Meter seine erste internationale Medaille gewonnen. Der 29-Jährige gab sich nach einem taktisch klugen Rennen und einem starken Schlussspurt in 3:43,52 Minuten nur dem spanischen Sieger Arturo Casado geschlagen, der 3:42,74 lief.

Im Fotofinish verwies Schlangen den zweiten Spanier Manuel Olmedo (3:43,54) auf Rang drei. „Ich weiß gar nicht, welche Medaille ich jetzt genau gewonnen habe“, entfuhr es dem deutschen Abonnement-Meister in seiner ersten Reaktion. Noch völlig außer Atem bejubelte er kurz darauf seinen gelungenen Coup: „Ich habe alles zwischen Platz eins und sechs für möglich gehalten, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich am Ende nochmal zulegen kann.“

Der Architekturstudent (TU Berlin) sorgte damit für die erste deutsche EM-Medaille in dieser Disziplin seit dem Titelgewinn von Jens-Peter Herold 1990 für die DDR. Bei den letzten Großereignissen waren DLV-Läufer dagegen stets vorzeitig gescheitert. So auch Schlangen bei der Europameisterschaft 2006 in Göteborg, bei Olympia 2008 in Peking und bei der WM 2009 in Berlin.

Schlangen hatte sich am späten Freitagabend in Barcelona während des gesamten Rennens im vorderen Drittel des Feldes aufgehalten und war als Sechster in die letzte Kurve gegangen. Auf der Zielgeraden zog er dann unwiderstehlich an den Konkurrenten vorbei: „Ich habe viel für meine Spritzigkeit trainiert. Wer bei diesem Tempo versucht, irgendwo hinten zu laufen, hat keine Chance.“

Anmerkung von Carsten Schlangen: Ich habe sofort gewusst, dass ich den zweiten Platz belegt habe – so etwas spürt man als Läufer.

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Von einem, der auszog, das Laufen zu lieben

Geschrieben von: Berliner Morgenpost - Sport - Sebastian Arlt
1 August 2010 | Kommentare (0)

Carsten Schlangen belohnt sich für viel Arbeit mit Silber

Berliner Morgenpost - Carsten Schlangen - Von einem der auszog, das Laufen zu lieben

Barcelona. Wenn Blicke töten könnten. Während Carsten Schlangen auf dem Podium in der Pressekonferenz etwas über den Lauf aus seiner Sicht erzählte, schaute ihn der drei Meter rechts neben ihm sitzende Spanier Manuel Olmedo grimmig von der Seite an. Dieser blöde Deutsche, hatte er ihm doch die Silbermedaille über 1500 Meter bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Barcelona weggeschnappt. Dass wenigstens sein Landsmann Arturo Casado gewonnen hatte, war für den Drittplatzierten auch kein Trost. Eigentlich hatten die Spanier ja einen historischen Dreifachsieg geplant, aber Reyes Esteves blieb nur Blech – Vierter. Schlangen hatte dazwischengefunkt, wurde zum bisher überraschendsten deutschen Medaillengewinner.

Was der deutschen Fußball-Nationalmannschaft schon eine Weile nicht mehr gelungen ist, nämlich die Spanier richtig zu ärgern, schaffte der Berliner von der LG Nord. Und zu Recht wusste der 29-Jährige gar nicht so richtig, wohin vor lauter Stolz. Er habe sich schon gedacht, dass er zu den sechs Läufern gehören würde, die Chancen auf eine Medaille hätten, erzahlte er. Und der Lauf war dann wie für ihn gemacht – nicht so schnell und mit der Entscheidung erst auf der Zielgeraden. „Ich wusste, dass ich im Sprint ein sehr gutes Stehvermögen habe.”

Taktisch clever hatte Schlangen sich verhalten, sich nicht einkeilen lassen, sodass er auf dem kürzesten Weg ins Ziel sprinten konnte. Da zeigte sich die Erfahrung, die der Architekturstudent inzwischen hat. Denn kaum zu glauben: Erst seit sechs Jahren betreibt er richtig Leistungssport. Schnell wurde aus dem Hobbyläufer einer, der an der EM in Göteborg vor vier Jahren teilnehmen durfte. Da konnte er zwar mit anschauen, wie sein Kumpel Jan Fitschen zwei Spanier auf der Zielgeraden abhängte und Europameister über 10 000 Meter wurde. Er selbst allerdings war vor allem taktisch noch ziemlich überfordert. „Da habe ich schön einen auf den Deckel bekommen” – Aus im Vorlauf.

Schlangens Credo lautet, dass man einfach etwas riskieren muss, „wenn du irgendwann mal einen solchen Erfolg haben willst wie ich jetzt”. Etwas zu riskieren, seinem Gefühl, ja seiner Liebe zum Laufen nachzugeben, das zieht sich durch die vergangenen Jahre im Leben des Meppeners, der 2001 zum Studium nach Berlin kam. „Man muss sich dafür entscheiden, ob man es will oder nicht.” Dabei war so vieles in der Schwebe gewesen Ende 2009. Schlangens Ausrüster hatte sich zurückgezogen. Nachdem einige aus seiner Trainingsgruppe unter Roland Wolff aufgehört hatten, schien er sein für ihn so motivierendes Umfeld zu verlieren. „Aber ich wollte unter keinen Umständen mit einem solchen Rennen wie bei der WM aufhören.” Im Berliner Olympiastadion war er 2009 trotz eines Ermüdungsbruches im Schienbein unter schlimmen Schmerzen gelaufen und natürlich chancenlos im Vorlauf ausgeschieden.

Es ging dann doch mit einer runderneuerten Gruppe bei Wolff weiter. Schlangen überwand seine Verletzung auch dank vieler Kilometer in der Langlaufloipe. Mit Läufen auf Rasen statt auf Asphalt entlastete er Knochen und Gelenke. Es blieb auch beim Spagat zwischen Studium und Sport, am 1. September muss Schlangen seine Diplomarbeit abgeben. Ein Ende seines Lauf-Abenteuers ist aber nicht abzusehen: „Jetzt hegt der Fokus auf 2012.” Dann finden in London die nächsten Olympischen Spiele statt.

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Schlangen findet die Linie

Geschrieben von: Frankfurter Allgemeine Zeitung - Sport - Michael Reinsch
1 August 2010 | Kommentare (0)

Im Winter auf Ski, in Barcelona mit Spikes: Im 1500-Meter-Rennen beendet Carsten Schlangen seine Laufkrise

FAZ - Schlangen findet die Linie

Barcelona. Eine Goldmedaille für Betty Heidler, Silber und Bronze für Silke Spiegelburg und Lisa Rysih – doch so überraschend wie Platz zwei für Carsten Schlangen im 1500-Meter-Lauf der Europameisterschaft kam in Barcelona weder der Sieg der Favoritin im Hammerwerfen noch der Höhenflug der deutschen Stabhochspringerinnen. „Der Lauf lebt wieder” lautete eine der ersten Schlagzeilen in der Nacht zum gestrigen Samstag, und Carsten Schlangen durfte sich fragen lassen, ob die Laufkrise des Deutschen Leichtathletikverbandes überwunden sei.

Mit Genugtuung erinnerte der 29 Jahre alte Architekturstudent aus Berlin auf den Sieg von Verena Sailer im Sprint am Vortag. „Das war eine große Inspiration für mich”, sagte er. „Die große Krise gibt es nicht. Viel mehr Sorgen als um den Lauf muss man sich um den Sprung machen.” Es war eher eine persönliche Laufkrise, die Schlangen beschäftigte -und die womöglich erst seinen Erfolg in Barcelona ermöglichte.

So intensiv wie noch nie hatte sich Schlangen im vergangenen Jahr auf die Weltmeisterschaft in Berlin vorbereitet – und schied im Halbfinale verletzt aus. Er hatte sich im Training einen Ermüdungsbruch im Schienbein zugezogen. Von da an trat er kürzer. Sogar das Ende seines leistungssportlichen Engagements erwog er, zumal sein Ausrüster ihm die Unterstützung aufkündigte und seine Trainingsgruppe sich aufzulösen schien. Doch Schlangen wollte nicht gehen ohne das Gefühl, sein Leistungsvermögen ausgeschöpft zu haben. „Wollen wir nicht noch ein Jahr weitermachen?”, fragten sich er und sein Trainer, der Berliner Sportprofes- sor Roland Wolff. Erst im Winter begann Schlangen wieder mit dem Training. Der lange Winter ermöglichte es ihm, nach dem Trainingslager in Finnland in Berlin weiter Ski zu laufen. Wochenlang zog er mitten in Berlin, im Volkspark Friedrichshain, täglich seine Spuren.

Als der Schnee geschmolzen war, lief er auf denselben Wegen weiter: querfeldein über die Wiesen. Nicht einmal den Hin- und Rückweg über die steinernen Berliner Bürgersteige mochte er, wie früher, seinen Beinen zumuten. Er fuhr mit dem Rad. Das Training auf dem weichen Untergrund, vermutet Schlangen, schuf das Sprintvermögen, am Freitagabend mit der spanischen Übermacht mitzuhalten, als sich der Endlauf unter dem Jubel von gut zwanzigtausend enthusiastischen spanischen Zuschauern vom taktischen Trab zum dreihundert Meter langen Endspurt wandelte. Hinter dem ersten spanischen Goldmedaillengewinner dieser Titelkämpfe, Arturo Ca-sado (3:42,74 Minuten), warf sich Schlangen nach 3:43,52 Sekunden ins Ziel, Millimeter vor Manuel Ol-meda (343,54) und Reyes Estevez (343,67). Die letzten deutschen Läufer, die auf dieser Strecke Medaillen gewannen, waren Jens-Peter Herold, der Olympia-Dritte von Seoul 1988, als er 1990 in Split Europameister wurde, und Hauke Fuhlbrügge, Weltmeisterschafts-Dritter ein Jahr darauf in Tokio.

Wenige Minuten nach dem Rennen zeigte Schlangen, dass sein Tief ihn auch das Hoch einzuordnen gelehrt hat. „Vielleicht war das der größte Erfolg meines Lebens”, sagte er. „Das wäre nicht tragisch. Ein Sportler weiß nie, wann sein Zenit erreicht ist.” Er, der vor vier Jahren in Göteborg sein erstes internationales Rennen bestritt und sich – wie bei seinem Zusammenbruch beim Europacup in München 2007 – seitdem bis zum Umfallen für die Nationalmannschaft einsetzt, wird dennoch darum kämpfen, bei den Olympischen Spielen 2012 in den Endlauf vorzudringen.

Dabei wird Schlangen weiterhin überraschende Wege einschlagen. Ob er als Silbermedaillengewinner bei den Sportfesten der Diamond League in London und Zürich starten werde, mochte er gar nicht sagen. „Das klingt interessant”, erwiderte er auf die Frage. „Aber am 1. September ist Abgabetermin meiner Diplomarbeit. Vielleicht war dies hier mein letztes Rennen für diese Saison.” Nicht einmal die Teilnahme am Istaf im Olympiastadion seiner Heimatstadt Berlin mochte er versprechen. Die Veranstalter haben ein Meilenrennen im Programm. Schlangen weiß, dass er nun Bedingungen stellen kann. „Ich würde starten”, sagte er in Barcelona, „Wenn es einen 1500-Meter-Lauf gäbe.”

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Schlangen-Sensation: Silber über 1500m

Geschrieben von: Berliner Kurier - Sport
31 Juli 2010 | Kommentare (0)

Berliner Kurier - Schlangen-Sensation

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Für die Sensation des Abends sorgte im abschließenden Wettkampf aber Carsten Schlangen. Von vielen im 1500m-Finale nur als Mitläufer gehandelt, hielt sich der Berliner immer mit in der Spitze auf und schaltete auf der Zielgeraden den Turbo ein. Verdienter Lohn: Die nie erwartete Silbermedaille.

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Spanische Zeitung – Atletismo

Geschrieben von: Atletismo
31 Juli 2010 | Kommentare (0)