Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Der Aufwärtstrend der deutschen Männer auf den Mittelstrecken setzte sich 2008 fort. Dem Berliner Carsten Schlangen gelang es über 1.500 Meter die hohe Normanforderung (3:35,50 min) für die Olympischen Spiele zweimal, zu knacken. Im Pekinger "Vogelnest" verkaufte sich der Architekturstudent glänzend, erreichte das Halbfinale und verpasste nur um 17 Hundertstelsekunden den Sprung in den Endlauf. Nicht erfolgreich waren die 800-Meter-Läufer in ihren Bemühungen, den Sprung nach Olympia zu schaffen, dennoch ging auch hier der Trend nach oben.
Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen) findet sich als deutscher Jahresschnellster mit seinen 1:45,66 Minuten auf Platz 46 im weltweiten Vergleich und auf Platz neun im europaweiten Vergleich über die zwei Stadionrunden wieder. Dicht auf seinen Fersen folgen René Herms (LG Braunschweig, 1:45,82 min) und der Erfurter Sebastian Keiner (1:45,98 min).
Auf Position 34 in der Weltjahresbestenliste platziert sich Carsten Schlangen mit seiner 1.500-Meter-Zeit von 3:34,99 Minuten, gar Platz sechs im europaweiten Vergleich bedeutet diese Zeit.
Die Bilanz 2008
„Wir sind auf gutem Weg“, betont Henning von Papen, DLV-Disziplintrainer im DLV für die Mittelstrecken. „Vor der Saison habe ich zwar erwartet, dass sich eher ein Läufer über 800 Meter als über 1.500 Meter für Olympia qualifiziert, umso erfreulicher, dass Carsten Schlangen es gepackt hat und bei Olympia bewiesen hat, dass er seine Leistung bringen kann.“
Dass mit Sebastian Keiner und Robin Schembera gleich zwei junge Leute Zeiten unter 1:46 Minuten angeboten haben, ist für den Bundestrainer eine erfreuliche Entwicklung. Dass keiner den Sprung nach Peking geschafft hat, sieht er auch in den wenigen Möglichkeiten begründet, die deutsche Läufer haben, um noch schnellere Zeiten zu laufen.
Eine weitere Entwicklung hat U20-Europameister Robin Schembera gemacht. Nachdem er in der Halle nur wenige Rennen lief, präsentierte sich der junge Leverkusener in Berlin beim DKB-ISTAF am 1. Juni in guter Verfassung (1:46,21 min). Beim Europacup im französischen Annecy vertrat er, wie bereits im Vorjahr die deutschen Farben und lief auf den vierten Platz. Im oberschwäbischen Biberach lieferte er dann sein bestes Saison-Rennen ab. Nur knapp lief er als Zweiter hinter Yuriy Borzakovskiy (Russland) mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 1:45,66 Minuten an der Norm vorbei.
Auch René Herms zeigte in der Stadt an der Riß seine beste Saisonvorstellung. Als Vierter in 1:45,82 Minuten hoffte der Braunschweiger genauso wie Robin Schembera, die Norm eine Woche später bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg noch angreifen zu können. Gezogen vom Dortmunder Steffen Co, der als Tempomacher fungierte, versuchten René Herms, Robin Schembera und Sydney-Olympiasieger Nils Schumann aus Frankfurt die 1:45,50 Minuten zu knacken, jedoch ohne Erfolg. Im Endlauf behielt dann Jungstar Robin Schembera die Oberhand und sicherte sich seinen ersten Freilufttitel bei den Aktiven, nachdem er schon in der Halle erfolgreich gewesen war.
Einen anderen Saisonverlauf schlug Sebastian Keiner ein. Der Erfurter, der in diesem Jahr noch der Jugend angehörte, sorgte unter dem Hallendach für zwei lautstarke Paukenschläge. Gleich zwei Jugendrekorde löschte der 19 Jährige aus. Erst verbesserte er am 5. Januar die 800-Meter-Marke seines Dauerrivalen Robin Schembera auf 1:47,49 Minuten, am 20. Januar erlief er sich dann auch noch den Rekord über 1.500 Meter (3:44,69 min). Fortsetzung fand die Erfolgsstory dann beim DKB-ISTAF, wo er als bester Deutscher 1:45,98 Minuten lief. Einzige Enttäuschung blieb der Auftritt bei der U20-WM im polnischen Bydgoszcz, wo im Halbfinale Endstation war.
Einen guten Einstand in die Freiluft-Saison feierte der Dritte der U23-EM von 2005, René Bauschinger. Der Athlet vom LAC Quelle Fürth/München verbesserte in Berlin seine persönliche Bestzeit auf 1:46,87 Minuten, verletzungsbedingt musste er seine Saison jedoch vorzeitig abbrechen. Gar ohne Saisonrennen blieb der Potsdamer Martin Conrad.
Ohne Zweifel war es bei den deutschen Mittelstrecklern das Jahr des Carsten Schlangen. Auf allen Strecken, die der Berliner lief, stellte er Hausrekorde auf, über seine Spezialstrecke 1.500 Meter in 3:34,99 Minuten eine Zeit, die schon lange kein deutscher Läufer mehr über diese Distanz angeboten hat. Bei den Deutschen Meisterschaften musste der gebürtige Emsländer wegen einer Magen-Darm-Grippe auf den Endlauf verzichten. Fit präsentierte er sich dagegen wieder in Peking bei den Olympischen Spielen. Nachdem er knapp das Halbfinale erreicht hatte, präsentierte er sich dort in Top-Verfassung. Am Ende reichte es zum 15. Platz im weltweiten Vergleich. Bereits bei der Hallen-WM hatte Carsten Schlangen die deutschen Farben vertreten, verfehlte jedoch hauchdünn das Finale der besten Neun.
Der Erfurter Stephan Eberhardt nutzte die Erkrankung von Carsten Schlangen, um sich den Titel in Nürnberg zu sichern. Auch im restlichen Saisonverlauf war der 23-Jährige die klare Nummer zwei auf nationaler Ebene, der seine persönliche Bestzeit auf 3:37,51 Minuten verbesserte.
Die Chancen 2009
„Außer Sebastian Keiner streben alle die Hallen-EM an“, berichtet Henning von Papen. Um sich auf dieses Ziel vorzubereiten, wird bereits im November ein Höhentrainingslager in Flagstaff (USA) absolviert. Carsten Schlangen wird dazu parallel wie schon im Vorjahr ein Skitrainingslager bestreiten.
„Am liebsten sechs, aber auch vier Starter“ würde Henning von Papen gerne bei der Heim-WM in Berlin dabei haben. Dabei baut er bei den 800 Metern neben seinen Nachwuchsstars Sebastian Keiner und Robin Schembera auch auf René Bauschinger und Martin Conrad. Abschreiben will er auch René Herms nicht, der sein Training umgestellt hat. Über 1.500 Meter ruhen die Hoffnungen neben Carsten Schlangen auch auf Stephan Eberhardt, Wolfram Müller (LG asics Pirna) und dem Wattenscheider Christoph Lohse.
Die Hoffnungsträger
Die Namen der Hoffnungsträger haben sich anbetrachts des Alters von Robin Schembera und Sebastian Keiner natürlich nicht geändert. Gerade auch im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele 2012 sieht Henning von Papen die beiden jungen Läufer in einer guten Ausgangsposition. Von den noch jüngeren Läufern gibt er Alexander Hudak (LG Nord Berlin) gute Chancen für die Zukunft. „Bei den noch Jüngeren muss man abwarten.“