Wahnsinn Jugendspiele

Olympia will eat itselfViel mehr Fehlentscheidungen hätte der Kreis alter Männer auf der 119.IOC Konferenz in Guatemala-City nicht mehr herbeirufen können. Nachdem bereits am ersten Tag der Zusammenkunft die Fundamente für die endgültige Zerstörung eines Weltnaturerbes im Westkaukasus gefällt wurde (Bericht: Sotschi 2014), richteten sich am zweiten Tag die Interessen auf die "Jugend der Welt".

Jacques Rogge sprach von einer "historischen Entscheidung" und auch viele andere Redner konnten sich offenbar kaum die Freudentränen verkneifen während sie bereits über Münzprägungen der ersten Jugendspiele nachdachten.

Ich kann mir derweil kaum die andere Sorte Tränen verkneifen. Meiner Meinung nach ist es Irrsinn zu glauben, daß diese Jugendspiele in irgendeiner Weise die große Masse der Jugend von heute anspricht und diese nach den olympischen Leitideen erzieht. Kaum ein Jugendlicher, der seine Zeit gerne lieber vor dem Fernseher verbringt oder sich gerade mit anderen Dingen als mit dem Sport beschäftigt, wird durch die Spiele Werte wie Fairness oder die Pflege der eigenen Gesundheit vermittelt bekommen. 

Auswirkungen wird die Entscheidung lediglich auf die ohnehin schon sporttreibenden Kinder und Jugendlichen haben. Weil die Welt leider nicht so perfekt funktioniert, wie man sich das immer vorstellt, werden diese Auswirkungen sicher nicht rein positiv sein.

In meiner Zeit als Sportler hab ich schon sehr viele Talente gesehen. "Unerreichbar – die werde ich niemals schlagen können!" habe ich seiner Zeit immer gedacht. Vermutlich hatte ich Glück und wurde durch ein Umfeld betreut, das nicht in den frühen Jugendjahren schon alles aus mir herausholen wollte. Ein etwas älterer befreundeter Läufer hat mir damals gesagt: "Wenn Du drei-viermal die Woche trainierst, ordentlich schläfst und isst, dann entwickelst Du Dich automatisch weiter."

Als ich mich vor drei Jahren entschlossen habe, aus meinem ambitionierten Hobby etwas mehr zu machen, waren die Talente von Früher meist schon nicht mehr in der Leichtathletik. Viele stellten mit 17 fest, daß sie bereits sieben Mal in der Woche hart trainieren und sich die Bestzeiten trotzdem nicht mehr weiter entwickeln. Dazu kamen meistens die ersten Verletzungen und die Perspektive in einigen Jahren XX-Sekunden schneller laufen zu müssen, um überhaupt wieder an Deutschen Meisterschaften teilzunehmen. Für viele ist nach dem Schulabschluß dann auch die Zeit im Sport vorbei.

Die Leistungsbolzerei in frühen Kindheitsjahren wird mit Einführung der Olympischen Spiele für Kinder und Jugendliche (14-18 Jahre) sicherlich kräftig zunehmen.

In Deutschland wird die Perspektive, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen, sicherlich zu einer Steigerung der "Dropout-Rate" führen. Der ohnehin schon angeschlagenen Erwachsenen-Leichtathletik werden also auch noch die letzten Talente genommen. In anderen weniger demokratischen Ländern werden die Auswirkungen sicherlich noch drastischer sein. Wer mit 14 schon an der Olympiade teilnehmen will, der muß im Turnen schon mal im zarten Alter die ein oder andere Übung machen, die eigentlich erst langjähriger Erfahrung bedarf. Arzneien zu schlucken um früher erwachsen zu sein gehört vermutlich dann auch dazu – im Wettstreit um die sportlichste Jugend der Welt.

Insgesamt wird der IOC auch seine Vorstellung von Jugendspielen ohne nationale Symbole kaum durchsetzen können, denn die Fernsehwelt von NBC verlangt nach Helden. Helden haben eine Heimat.

Carsten 


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