„Diese zwei Tage waren supergeil!“
16 August 201220 000 Fans feiern deutsche Olympiamannschaft in Hamburg – Schlangen überwältigt
Die „Traumschiff“-Melodie als Olympia-Hymne – das hat selbst Hamburg noch nicht erlebt. Für die deutschen Sportasse wird die Rückreise von den Olympischen Spielen in London unvergesslich bleiben. „Da kriegt man Gänsehaut“, sagte Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf bei der Ankunft in der Hafencity, wo die Athleten von 20 000 Fans gefeiert wurden.
Als backbord die Elbphilharmonie langsam und erhaben ins Blickfeld schwebt, ist Carsten Schlangen überwältigt. „Wahnsinn! Das ist wirklich gelungen, und wenn man so einen Bau dann mal aus der Nähe sieht – einmalig.“ Schlangen ist gebürtiger Meppener und 1500-Meter-Läufer. Doch die Hamburger Hafencity taxiert er mit den Augen des studierten Architekten. Auf Deck 9 der „MS Deutschland“ stehend, hält er mit seiner Kamera jede Nuance fest.
Kaiserwetter in der Hansestadt – und Gänsehaut im Sonnenschein. Schon im edlen Vorort Blankenese stehen Hunderte Hamburger am Elbufer und winken den Sportlern auf dem Schiff zu. Die Olympioniken schreien ihren Dank gegen den Wind – und weil das wohl nicht ankommt, gibt’s die La-Ola-Welle für die Fans gratis dazu. „Ich habe ja schon einige Ankünfte erlebt. Aber dass es so krass wird, hätte ich nicht gedacht“, gibt Schlangen zu.
Dann muss er sich sputen wie im olympischen Vorlauf, als er sich über den Zielstrich warf und so ins Halbfinale einzog. Nun muss Schlangen nach unten, denn das deutsche Olympia-Team geht zuerst von Bord. Allen voran Hockeyspielerin Natascha Keller mit der deutschen Fahne. Das hatte sie bei der Eröffnungsfeier in London ja erfolgreich geübt.
„Ich seh nichts mehr!“, kreischt oben plötzlich Turnerin Elisabeth Seitz. Mit 1,60 Meter Körpergröße hat sie in der dritten Reling-Reihe tatsächlich keine Chance. Das provisorische Podest aus Holzliege und Hocker wackelt bedenklich, aber die 18-Jährige balanciert das aus wie auf dem Schwebebalken. „Wir haben so viel erlebt“, berichtet die deutsche Turn-Meisterin, die auf ihren sechsten Olympia-Platz am Stufenbarren ganz stolz ist.
Als das Schiffshorn dreimal tutet, hüpft Turn-Ass Fabian Hambüchen über die Planken wie ein Smutje auf seiner ersten Fahrt. Er freut sich schon auf den Urlaub mit seiner Freundin Caroline. Der Silbermedaillengewinner am Reck muss dafür nur das Schiff wechseln. „Wir machen eine Kreuzfahrt im westlichen Mittelmeer“, sagt der 24-Jährige. „In London waren wir ja lange Zeit abgeschirmt. Da kriegt man die Euphorie zu Hause nicht so mit“, meint der Turnkünstler und verneigt sich wie nach einer gelungenen Kür vor den Fans: „Wunderschön! Hamburg ist eine tolle Stadt, und das Wetter spielt auch mit.“
Als die bekannte „Traumschiff“-Melodie aus den Lautsprechern knistert, schmiegt sich Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf an ihren Freund Georg. Jetzt kann sie ihren Erfolg langsam genießen, die Sonne strahlt, und Silber kann ihr nach dem Diskussions-Krimi mit den Kampfrichtern im Stadion keiner mehr nehmen. „Dass so viele Menschen hier sind, ist verrückt. Bei diesen Massen kriegt man eine Gänsehaut“, gesteht die 28-Jährige.
Wer von den Goldmedaillengewinnern am besten feiern kann, verkündete Vielseitigkeitsreiter Peter Thomsen: „Im Deutschen Haus waren wir unschlagbar, aber auf dem Schiff haben die Hockey-Spieler gewonnen.“ Tobias Hauke, 195-maliger Nationalspieler, ist ein echter Hamburger Jung: Der 24-Jährige kommt aus Eppendorf. Nach zwei nächtlichen Partys an Bord sieht die Welt auch durch die Sonnenbrille noch cool aus. „Das mit der ,Deutschland‘ war eine Weltklasse-Idee, diese zwei Tage waren supergeil! Hamburg ist die schönste Stadt Deutschlands, hier sollten mal Olympische Spiele stattfinden“, sagt er euphorisch.