Eigenwerbung

1500-Meter-Läufer Schlangen scheidet aus – und ist zufrieden

Es gibt auch glückliche Verlierer bei dieser WM, der 1500-Meter-Läufer Carsten Schlangen ist so einer. Der 28-Jährige war gleich am Samstag ausgeschieden, als Neunter seines Vorlaufs in 3:44,00 Minuten, ebenso wie der Kollege Stefan Eberhardt aus Erfurt, der sich danach allerdings geärgert hat. In 3:40,05 war er nur Zehnter seines Rennens geworden, das aber im schnellsten der vier Vorläufe: Ein Platz besser, eine Hundertstelsekunde schneller – und der auf den letzten Metern resignierende Eberhardt hätte das Halbfinale an diesem Montag erreicht.

Im Gegensatz zu Eberhardt und den übrigen früh Gescheiterten des deutschen Teams (Dreispringerin Katja Demut mit nur einem gültigen Versuch von 11,3 8 Meter in der Qualifikation sowie die 100-m-Sprinter Tobias Unger und Stefan Schwab mit 10,42 bzw. 10,50 Sekunden im Vorlauf), konnte Schlangen wenigstens erklären, warum er deutlich hinter seiner Bestleistung geblieben war: Der deutsche Meister leidet seit sechs Wochen unter einer Knochenhautentzündung am Schienbein, „normalerweise braucht man zwei Wochen Ruhe, um das auszuheilen", sagt er, „aber das konnte ich mir nicht leisten – dann ist die Form ganz weg". So ist er zuletzt nur bei Wettkämpfen gelaufen und ansonsten Rad gefahren, um die Ausdauer zu erhalten. „Das spezifische Training hat mir gefehlt", sagte er, die Tempohärte auf den letzten 200 Metern, auf denen er nach hinten durchgereicht wurde.

Gefallen hat ihm der Auftritt im Olympiastadion trotzdem. Der gebürtige Meppener startet für die LG Nord Berlin, für ihn war es ein Heimspiel. „Ich habe mich wirklich gefreut", sagte er, und als er nach 800 Metern in Führung ging um das Tempo hoch zu halten, und das Raunen auf der Tribüne lauter wurde, habe er „gemerkt, wie viel Spannung in diesem Stadion steckt. Es war 'ne super Atmosphäre, auch wenn's nicht voll war". Dass am ersten Tag nur 40 000 Zuschauer kamen, ist nicht Schlangens Schuld, er hat getan, was er konnte, um Leute ins Stadion zu locken. 200 Freunde und Bekannte aus dem Emsland sowie aus seinem Kiez in Berlin seien am Samstag nur seinetwegen gekommen, sagt er. Schlangen hat sogar selbst öffentlich geworben, weil ihm die Maßnahmen des Organisationskomitees nicht genug waren.

„In Berlin mit seinen 200 Mega-Events pro Jahr kann man vielleicht auch keine sechs Monate Dauerbeschallung machen", sagt er. Jedenfalls sieht man nun am Alexanderplatz, Ecke Karl-Liebknecht-Straße, wo eine Tiefgarage gebaut wird, eine Carsten-Schlangen-Figur über die blauen Rohre rennen, die dort überirdisch installiert sind zum Zwecke der notwendigen Grundwasserabsenkung; daneben hängt eine Leuchtanzeige, die auf seinen Start hinweist. „Die Werbung bleibt bis zum Ende der WM", sagt er. Wie viel die Aktion gekostet hat? „2500 Euro stand im Spiegel", sagt er, genau weiß er es nicht. Bezahlt hat ein Sponsor, die Hölscher Wasserbau GmbH aus seiner Heimat, die auf alles spezialisiert ist, was mit Wasser zu tun hat.

Für Carsten Schlangen ist diese Saison zu Ende, der Architekturstudent will nun seine Verletzung auskurieren und im Winter sein Diplom machen. Und obwohl sich seine Trainingsgruppe auflöst, will der 28-Jährige weiterrennen. Seine erste WM-Teilnahme hat Lust auf mehr gemacht: „Eigentlich", sagt Carsten Schlangen, „kann der Vorlauf bei einer WM nicht das letzte Wort gewesen sein".

Zum Artikel im Originalformat (PDF)


No Comments so far.

Leave a Reply