Die EM-Silbermedaille durch Carsten Schlangen und der beste 10er-Schnitt seit mehr als einem Jahrzehnt sind ein beeindruckender Arbeitsnachweis der 1.500-Meter-Läufer. Gar nicht rund lief es dagegen über 800 Meter. Kein DLV- Starter beim internationalen Saisonhöhepunkt und keine Zeit unter 1:46 Minuten sprechen eine deutliche Sprache. Trotzdem sind die Zukunftsaussichten nicht zum Fürchten.
So lief 2010
Mit einem überragenden Spurt stürmte Carsten Schlangen am 30. Juli in Barcelona zu EM-Silber. Dieses 1.500-Meter-Rennen war der Höhepunkt der deutschen Mittelstreckler im Jahr 2010. Wenig später nutzte der Berliner seine gute Form und steigerte beim Diamond League-Finale in Brüssel seine Bestzeit auf beachtliche 3:34,19 Minuten. Damit schaffte der 29-Jährige den Sprung unter die Top 30 in der Welt.
„Ich habe ja immer gesagt, dass das wie ein Vulkan ist, der irgendwann ausbricht und das war bei Carsten Schlangen in Barcelona der Fall”, sagt Henning von Papen, DLV-Mittelstreckentrainer. Auch Schlangen selbst, der Ende 2009 sogar über das Ende seiner Karriere nachgedacht hatte, rechnete mit einer Steigerung. Sogar eine Zeit unter 3:34 Minuten traute er sich in einem optimalen Rennen zu.
Einen Leistungssprung vollzog 2010 auch Moritz Waldmann. Der Hannoveraner schaffte mit einer Steigerung um zwei Sekunden auf 3:36,97 Minuten die Qualifikation für die EM. Auch wenn der 25-Jährige dort im Vorlauf chancenlos ausschied, eine gute Leistung.
Mit dem Wattenscheider Christoph Lohse (3:37,60 min) schafften somit drei deutsche 1.500-Meter-Läufer den Sprung unter die ersten 10 in der europäischen Jahresbestenliste. Ein achtbares Resultat, bedenkt man, dass Leistungsträger wie Stefan Eberhardt (LG Ohra Hörselgas), der sich 2009 auf 3:33,92 Minuten verbessert hatte, und Wolfram Müller (Erfurter LAC) verletzt fast die komplette Saison fehlten. „Der erste Frust durch den Totalausfall von Stefan Eberhardt ist durch den Auftritt von Carsten Schlangen bei der EM natürlich schnell verflogen”, sagt Henning von Papen.
Auch mit den Läufern dahinter zeigte sich der Bundestrainer zufrieden. „Arthur Lenz und Florian Orth haben gezeigt, dass mit ihnen in Zukunft zu rechnen ist, auch wenn die WM im nächsten Jahr vielleicht etwas zu früh kommen wird.” Speziell der junge Regensburger Florian Orth stellte sein enormes Potenzial mit einer Steigerung um sechs Sekunden auf 3:40,60 Minuten unter Beweis.
Hinter den Erwartungen zurück blieben dagegen die 800-Meter-Läufer, die es nicht zur EM schafften und sich an der 1:46-Minuten-Marke die Zähne ausbissen. Hinzu kam, dass René Bauschinger (LAC Quelle Fürth) aus gesundheitlichen Gründen keine Freiluftsaison bestreiten konnte. „Ich hatte schon damit gerechnet, dass zumindest zwei 800-Meter-Läufer die Norm für die EM schaffen würden, aber Robin Schembera war aufgrund seiner Ausbildung bei der Polizei zu unstabil in seinen Leistungen und oftmals hat einfach auch das richtige Rennen gefehlt, um die Norm zu laufen”, analysiert Henning von Papen.
Das bringt 2011
Mit Stefan Eberhardt, Carsten Schlangen, Christoph Lohse und Moritz Waldmann sind die deutschen 1.500-Meter-Läufer gut aufgestellt und dürfen sich 2011 berechtigte Hoffnungen machen, alle drei Startplätze bei der WM in Daegu zu besetzen. „Ich gehe davon aus, dass Stefan Eberhardt und Carsten Schlangen die Norm schaffen werden und sich in Daegu gut schlagen werden. Auch Christoph Lohse sollte man nicht abschreiben”, sagt Henning von Papen. Wolfram Müller wird nach seiner Achillessehnen-OP 2011 wohl keine Bahnrennen bestreiten und orientiert sich langfristig auf die Langstrecken.
Auch wenn 2010 kaum etwas nach Wunsch verlief, haben Robin Schembera und Sebastian Keiner über 800 Meter gute Chancen auf die WM. Beide haben auf jeden Fall das Potenzial, Zeiten klar unter 1:46 Minuten zu laufen. Vielleicht wird man den Erfurter in den kommenden Jahren aber häufiger auf den 1.500 Metern sehen. Schließlich hält Keiner den deutschen Jugend-Hallenrekord auf dieser Distanz. 2010 fehlte ihm über 800 Meter die nötige Endschnelligkeit.
Gut sind die Aussichten 2011 im Nachwuchsbereich. Marcel Fehr wird bei der U20-EM zu den Favoriten zählen wie Sebastian Keiner bei der U23-EM. Mit Timo Benitz, Andreas Lange, Michel Berning, Alexander Schwab und Marcel Bischoff gibt es zudem weitere Talente, die sich bei den internationalen Nachwuchsmeisterschaften beweisen wollen.