Nur Vize-Europameister Schlangen blieb nach seinem Triumph eher gelassen
Barcelona. „Die Medaille ist vielleicht für die Außenwahrnehmung wichtig. Für mich ändert sich wenig“, gab sich Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) einen Tag nach der Vizeeuropameisterschaft über 1500 m gelassen. „Aber so richtig habe ich es noch nicht realisiert“, bekannte der aus Meppen stammende Leichtathlet, der eine Top-Vorbereitung krönte.
Der 29-Jährige, der sich in seinen Plänen bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London bestätigt sieht, hätte schon am großen Medieninteresse merken können, dass sich doch etwas geändert hat. Er musste am Wochenende viele Anfragen beantworten, das ZDF hatte zum Stadtspaziergang geladen. „Eigentlich will man nach so einem Wettkampf ja nur Ruhe“, sagte der Architekturstudent. Die war ihm nicht vergönnt. Auch die Veranstalter dürften sich künftig intensiver um die „Schlange“ bemühen.
Die Leistung war zu auffällig: Im vierten internationalen Anlauf holte Schlangen endlich eine Medaille, mit der er selbst geliebäugelt, die ihm aber nicht alle zugetraut hatten. Es war im katalonischen Barcelona das erste Edelmetall eines männlichen Kadermitglieds des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Auch die Spanier beschäftigten sich mit dem Deutschen, der in ihre Drei-Mann-Phalanx eingebrochen war. Den neuen Europameister Arturo Casado (3:42,74) konnte Schlangen (3:43,52) nicht aufhalten, aber er schob sich um zwei Hundertstel vor Manuel Olmedo. Vierter wurde Reyes Estevez (3:43,67), der Europameister von 1998.
Das Zielfoto sah Schlangen in den spanischen Zeitungen. Die Jury brauchte einige Zeit, bis sie sich auf den Emsländer als Zweiten festlegte. „Ich wusste es sofort. Das weiß man als Läufer“, erklärte Schlangen. Sein ehemaliger Trainer Gerd Janning, dessen belegte Stimme am Tag nach dem Coup noch von der Begeisterung zeugte, bangte mit Schlangens Familie. „Mal hieß es, dass es zwei Zweite gebe, mal war Carsten Dritter, mal Zweiter“, erinnert er sich an die Ungewissheit nach dem Lauf. Um so ausgelassener wurde nach der Bestätigung von Platz zwei im Deutschen Haus gefeiert.
„Fantastisch! Silber ist einfach unglaublich“, jubilierte Janning, der nach der Prognose einer möglichen Medaille im Vorfeld noch belächelt worden war. Die Sprintqualitäten des Läufers begeisterten ihn zusätzlich. Im taktisch geprägten Rennen hatte sich Schlangen meist im Vorderfeld aufgehalten und so die Möglichkeit zur Kontrolle. Als das Tempo verschärft wurde, fand der auf Position sechs zurückgefallene Emsländer sofort eine Lücke. „So eng war es nicht“, erinnert sich Schlangen. „Ich hatte noch Reserven“, beschreibt er die letzten Meter zur Medaille. „Das war super“, kommt er doch ein wenig ins Schwärmen. Bis Freitagabend galt die Mittelstrecke beim DLV als Manko. Schlangen hat es behoben.