Gipfel erklommen – Skitour durch den Nationalpark

 
Der deutsche Top-Mittelstreckler Carsten Schlangen berichtet aus dem Trainingslager im Norden Lapplands.

Winter Panorama Valtavaara Kuusamo
Winter-Panorama.

2. Skitag

Trainingseinheiten:
Vormittags:
1h 15min Skilanglauf in leichtem Gelände

Nachmittags:
1h Skilanglauf in schwierigerem Gelände

Abends:
30min lockerer Dauerlauf

Temperatur über Tag: etwa -2°Celsius

Essen:
Mittags:belegte Brote
Abends: Nudeln mit einer gemüsehaltigen Fleischwurstsoße

Heute schreibt Carsten Schlangen über seine bisher schönsten Skiausfahrt im hohen Norden Lapplands.

"Es gibt Tage, an denen lohnt es sich zu leben. Und Carsten, heute war so ein Tag." Ich brauchte dem nicht mehr zustimmen oder etwas hinzufügen, es war einfach klar. Als ich am heutigen Nachmittag bei einbrechender Dunkelheit aus der Loipe in Ruka stieg, bedankte sich mein ehemaliger Trainer Gerd Janning mit diesen Worten bei mir.

Heute waren wir gemeinsam zu einer großen Skitour durch den Nationalpark Valtavaara aufgebrochen. Wie es schien, hatten wir nach einigen Tagen der Beobachtung das richtige Gespür für den richtigen Augenblick. Bereits einige Tage hatten wir darüber nachgedacht, zum etwas entfernter liegenden Gipfel des Valtavaara Nationalparks aufzusteigen. Mit immerhin 492 Meter Höhe überragt er die flache lappische Landschaft deutlich. Aber immer wieder machte uns das wechselhafte Wetter einen Strich durch die Rechnung.

Wir unternahmen am Samstag sogar einen ersten Annäherungsversuch. Auf dem Weg zum Nationalpark zeigte sich jedoch sehr bald, dass die Aussicht sich eintrübte und wir aufgrund unsereres Umzugs in die große Blockhütte einfach etwas zu spät in der Zeit waren. Wir konnten gegen die untergehende Sonne nicht schnell genug die nötigen Höhenmeter gewinnen, um noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang oben auf dem Hügel zu stehen. Somit entschieden wir uns – auch mangels Kräften für eine etwas leichtere Route, die nicht durch den Park führte.

Heute brachen wir genau im richtigen Moment zu unserer Tour auf. Mir bleibt an dieser Stelle nur übrig, mich bei den Lesern der Onlineausgabe der RUNNER'S WORLD dafür zu bedanken. Der Grund, warum wir heute genau den richtigen Zeitpunkt erwischten, lag darin begründet, dass ich am Morgen noch damit beschäftigt war, den Tagesbericht vom Vortag zu schreiben. Die Trainingsgruppe war bereits vor uns zur 10-km-Loipe aufgebrochen und spulte das von Roland Wolff aufgetragene Training ab.

Es ist zwar so, dass die Sonne hier offiziell heute erst um 11.04 Uhr aufgeht und bereits um 13.58 Uhr wieder vom Horizont verschwindet, aber die Prozesse ziehen sich merksam langsamer hin als gewohnt. So dachten Gerd und ich bereits auf der Hälfte des Weges, dass wir schon wieder zu spät seien, weil die Sonne die Tannenwipfel bereits in ein kräftiges Orange tauchte.

Baumwipfel in rotem Licht - Valtavaara Nationalpark Finnland

Je weiter wir uns dem Gipfel näherten, um so mehr bemerkten wir jedoch, dass sich das Orange zwar immer mehr in ein tiefes Rot verwandelte, aber die Helligkeit insgesamt sich kaum abschwächte. Wir hatten es geschafft. Die Sonne ging so langsam unter, wie wir den Berg hinaufstiegen. Einige Meter unter dem Gipfel hörte die gespurte Loipe auf. Mit den Skiern auf dem Rücken wanderten wir dem Gipfel entgegen. Binnen weniger Meter wurde der geschlossene Wald von Krüppelgewächsen abgelöst und diese bald darauf vom Puderschnee, der die Flechten und Moose bedeckte.

Nationalpark Valtavaara

Oben auf dem Hügel im scharfen Wind thronte eine kleine Holzhütte. Darin fanden wir einige Decken, einen Ofen und etwas Feuerholz. Ein schöner Ort zum Verweilen. Leider waren wir vom rasanten Aufstieg zu sehr durchgeschwitzt um lange bleiben zu können. Wir trugen uns noch rasch in das Gästebuch ein und machten uns an die Abfahrt.

Gipfel Valtavaara Nationalpark - Sonnenuntergang

Zurück in der Holzhütte in Ruka ging es für mich nach ein paar Broten Pause auch gleich wieder los. Es sollte ein unglaublich harter Tag für mich werden, denn nach einer etwa dreistündigen Bergfahrt kam noch einmal etwa eine Stunde Skilaufen mit den Hauptstadtläufern hinzu. Jeder, der die Aussage von Moritz Höft von gestern gelesen hat, kann sich vorstellen, was einen da erwartet. Danach machten wir gemeinsam noch den abschließenden halbstündigen Dauerlauf.

Mein Trainer Roland Wolff, der sich selbst gern als "Harter Hund" bezeichnet, sprach am Abend immer noch davon, dass wir jetzt endlich trainieren sollten… Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das noch von irgendjemandem in der Gruppe aufgenommen wurde. Die Konzentration lag voll und ganz darauf, beim Abendessen das Besteck nicht aus den Fingern zu verlieren.

Zum Artikel auf Runner's-World.de


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