Nominierungsroulette

Nominierungroulette - Illustration Norman PalmAm heutigen Mittwoch beginnt in Bangkok (Thailand) die 24. Sommer-Universiade, die Weltmeisterschaft der Studenten. Während auf diversen Athletenseiten im Internet bereits über die tropischen Bedingungen gebloggt wird, sitze ich in Berlin bei nahezu gleichen Wetterbedingungen vor dem Heim-PC und sinne darüber nach, wie ich Euch die kuriosen Nominierungsentscheidungen des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes (ADH) bündig vermitteln kann.  

Nachdem ich in dieser Sommersaison zwei 1500m Rennen bestritten hatte und ich einsehen musste, daß die zweimalige Normerfüllung für die Weltmeisteschaft in Osaka (Japan) mit einer Zeit von unter 3:36:60min sehr schwierig werden würde, kam in der Trainingsgruppe die Überlegung auf, sich eventuell ein sekundäres Saisonziel zu stecken. Die Norm für die Studentenweltmeisterschaften lag bei machbaren 3:39:00min. Eigentlich war ich bereits im Vorjahr vom ADH mit einem (Nicht-)Start bei der Cross WM in Marokko verprellt worden und auch mein Trainingskamerad Jonas Stifel hatte diverse Erfahrungen gesammelt, die eigentlich dem gesunden Menschenverstand sagen sollten: "Lass es sein, denk nicht einmal darüber nach!"

Die Saison ging also wie gewohnt weiter und ich konzentrierte mich auf die Norm für Osaka. Wir reisten zum Meeting in Biberach, um die unglücklichen Erfahrungen aus Kassel schnell wieder zu vergessen. Am gleichen Wochenende fand in Köln die nationale Studentenmeisterschaft (IDHM) statt. Auf dem Rückweg von Biberach wollten wir dort im Staffelwettbewerb 3x1000m starten, um der erforderlichen Teilnahme an der IDHM nachzukommen. In der ADH-Nominierungsausschreibung steht dazu folgender Passus:    

Die Kriterien:

Teilnahme an der Deutschen Hochschulmeisterschaft am 16./17.6.07 in Köln. Die Teilnahme
muss in der angestrebten oder einer verwandten Disziplin erfolgen, in der eine Universiade
Teilnahme erfolgen soll. Für Athleten und Athletinnen, die eine Teilnahme über 10.000m oder
5.000 m bei der Universiade anstreben, wird auch ein Start über 1.500 m bei DHM akzeptiert.

Auf der Zugreise nach Biberach bekamen wir zwei Tage vor der IDHM telefonisch die Information, daß ein Start in der Langstaffel keine verwandte Disziplin darstelle und dass man in der Disziplin, in der man an der Universade teilnehmen wolle, bei der IDHM starten müsse – für uns hätte diese spontane Nominierungsdarlegung einen weiteren Start über die 1500m erzwungen. Wir entschieden uns bewußt gegen den Start in Köln, da wir zu diesem Zeitpunkt den Glauben daran verloren, daß der ADH seriös das Ziel verfolgt, Leichtathleten zum Universiade zu entsenden.

Nachdem ich in der darauffolgenden Woche beim Meeting in Cottbus die Deutsche Jahresbestleistung aufstellte und unter der geforderten 3:39:00min-Grenze blieb, wurde mir von meinem Trainer Roland Wolff mitgeteilt, dass der ADH sich vorbehalte, mich für die Universiade zu nominieren. Da war sie wieder, die Hoffnung auf einen internationalen Start und eine sicherlich interessante Fernreise.

Ich füllte die unendlich vielen ADH-Athletenangaben aus, die für die Universiade nötig waren. Zwei Tage vor dem Nomierungsschluß wurde ich sogar noch einmal per Email aufgefordert, mein Wettkampfgewicht und meine Körpergröße anzugeben. Was soll ich mir da als Athlet denken?  

Später stellte sich heraus, dass die Athletenangaben vom ADH pauschal im Vorfeld von allen "Interessierten" eingeholt werden und die direkte Nachfrage fehlender Daten reine Routine sei. Was für eine Effizienz! Eine Email über meine unglückliche Nicht-Nominierung, mit der kurzen Darlegung über das lange Streitgespräch in der Nominierungsrunde war dann aber vermutlich zu aufwendig. Einfacher war es, pauschal eine Liste im Internet zu veröffentlichen, bei der ich nicht dabei war.

Von der großen Diskussion um meine Nominierung erfuhr ich erst einige Tage später, als ich den ADH telefonisch um eine Stellungnahme bat. Ich hatte mir zu diesem Zeitpunkt die Liste der Nominierten angesehen und fand dort unter anderem einen 3000m Hindernisläufer wieder, der bei der IDHM über die 1500m gestartet war. Auf eine Diskussion um die Wertigkeit der Nominierungskriterien wollte der ADH sich mit mir nicht einlassen. Es reichte der Hinweis, daß ich doch schließlich bewußt nicht an der IDHM teilgenommen hatte und dem ADH somit leider keine Nominierungsmöglichkeit bleibe. Es könne auch keine Nachnominierung vorgenommen werden. Im Übrigen solle ich nicht so verärgert über die verpasste Universiade sein und könne mich ja auch mit einem guten Crosslauf für die kommende Crosslauf-Studentenweltmeisterschaft empfehlen.

Es ist merkwürdig, dass bei allen Nominierungsentscheidungen in der Deutschen Leichtathletik die Möglichkeit der Endkampfchance herhalten muß, um Entscheidungen zu begründen – nur beim ADH nicht. Nach der erfolgreichen Deutschen Meisterschaft, in der mein Teamkollege Moritz Höft ebenfalls Deutscher Meister wurde und den Dauersieger Rene Herms schlug, wurde er zur Universiade nachnominiert – ohne Normerfüllung! 

Für mich wird es nie wieder die Möglichkeit geben, an einer Universiade teilzunehmen. Bei der nächsten Universiade in 2009 werde ich ein anderes Kriterium nicht mehr erfüllen können. Dann werde ich zu alt sein. 


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