Warum die Gruppe der LG Nord um Moritz Höft und Carsten Schlangen so erfolgreich ist
Grund zum Feiern gab es für Moritz Höft eigentlich genügend, doch dem Berliner Läufer von der LG Nord blieb keine Zeit: Nur wenige Stunden, nachdem er im Steigerwaldstadion von Erfurt als neuer Deutscher Meister über 800 m Jubelschreie ausgestoßen hatte, saß er am späten Abend im Zug nach Frankfurt (Main), verbrachte dort einige Zeit auf dem Bahnhof, um dann die Reise ins schweizerische Neuchatel fortzusetzen. Im Rahmen seines Medizinstudiums hat er dort ein Praktikum abzuleisten.
Herms und Schumann hinter sich gelassen
So schnell hatte ihn der Alltag wieder. Aber: "Diesen Titel kann mir keiner nehmen", meinte er, kurz nachdem er die Konkurrenz hinter sich gelassen hatte. Er habe sich vorgenommen, einmal Deutscher Meister zu werden, "bevor ich aufhöre". Sein Ziel sei eine Medaille gewesen, "aber eine Chance auf den Sieg habe ich mir schon ausgerechnet", gab er zu. Wobei er so illustre Konkurrenz wie den mehrmaligen Deutschen Meister Rene Herms und den verbissen wie vergeblich um ein erfolgreiches Comeback kämpfenden Olympiasieger Nils Schumann hinter sich ließ.
Vom Aufhören war in der Stunde des Erfolges natürlich keine Rede, dafür macht dem Läufer die Sache viel zu viel Spaß. Auch wenn die Doppelbelastung Studium und Sport ihn sehr beansprucht. Im Rahmen des Erasmus-Austauschprogramms der EU studierte er in den vergangenen Monaten in Lausanne. Dort gefiel es ihm gut, "aber meine tolle Trainingsgruppe hat mir schon sehr gefehlt".
Eine Gruppe, insgesamt ein Dutzend Läufer groß, die der LG Nord bei den Titelkämpfen am Wochenende vier Podestplätze bescherte. Neben Höft stand auch Carsten Schlangen nach dem 1500-m-Finale ganz oben auf dem Siegerpodest. Der zweite Platz ging an Franek Haschke, ebenfalls LG Nord. Schlangen und er hatten sich über die Taktik besprochen, von Beginn an das Tempo hochzuhalten. "Wer den Titel holen sollte, war aber nicht abgesprochen", erklärte Architektur-Student Schlangen, der sich 200 m vor dem Ziel von seinem Teamkollegen löste. Norbert Löwa als Zweiter über 3000 m Hindernis war der Vierte im Bunde der erfolgreichen "Hauptstadtläufer", wie sie sich auf ihrer Website (www.hauptstadtlaeufer.de) selbst nennen. Für die WM in Osaka Ende August konnte sich aber niemand qualifizieren, die Normen blieben für sie unerreichbar.
Schlangen und Höft geraten regelrecht ins Schwärmen, wenn sie von der Laufgruppe erzählen. Und wenn sie von ihrem Trainer Professor Dr. Roland Wolff sprechen, den Mann, der hinter den Erfolgen der schnellen Männer von der LG Nord steckt. Mediziner Wolff ist im Hauptberuf Leiter der Abteilung Sportmedizin des Instituts für Sportwissenschaften, das auf dem Gelände des Sportforums beheimatet ist.
Hohe Belastung, geringerer Umfang
Sehr individuell gehe Wolff im Training auf Athleten ein, erzählt Höft. Der 60-jährige Professor reagiere sofort, Be- und Entlastung werden dosiert. Hohe Belastung und geringerer Umfang gehören zu seinem Credo. Den Athleten kommt das entgegen. "Bösartige Sachen" (Höft), wie 20×200-m-Läufe, gebe es nicht.
Der angehende Arzt, der 2002 wegen des Studiums von Bremen nach Berlin gewechselt war und jetzt im dritten Jahr für die LG Nord startet, hat es auch schon anders erlebt. Eher hohe Umfänge standen auf dem Programm, als er anfangs bei der LG Nike trainierte. Frustrierende Erfahrungen, oder wie es Moritz Höft ausdrückt: "Wenn man das dann nicht schafft, geht's einem voll auf den Kopf." Die Zeiten der Kopfschmerzen sind für Moritz Höft aber schon lange vorbei.