Manchmal schreibt das Leben schon erstaunliche Geschichten. Vom Tellerwäscher zum Millionär, oder wie in Carsten Schlangens Fall vom „Nobody“ zum frischgekürten Deutschen Meister über 1.500 Meter und EM-Starter. Seinen kometenhaften Aufstieg aus dem letzten Jahr konnte der 25 Jahre alte Architekturstudent in diesem Jahr mit hervorragenden Zeiten fortsetzen.
Er bildet mit seinen beiden Teamkollegen von der LG Nord Berlin, Jonas Stifel und Franek Haschke, das „Trio Infernale“ der deutschen Leichtathletik auf den Mittelstrecken.
„Manchmal kann ich kaum glauben, wie gut sich alles entwickelt hat“, gesteht Carsten Schlangen, nachdem er vor eineinhalb Wochen in Cuxhaven mit 3:38,04 Minuten zum wiederholten Mal eine neue persönliche Bestzeit gelaufen ist.
Lange Zeit nur ein Hobby
Bis vor zwei Jahren sei das Laufen für ihn einfach ein Hobby gewesen. Dass er schnell sei, habe er gewusst, aber über Hochleistungssport habe er nie ernsthaft nachgedacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Architekturstudium oberste Priorität.
Doch dann kamen im vergangenen Jahr der überraschende Sieg bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften und der zweite Platz bei den Deutschen Meisterschaften. Eine persönliche Bestzeit folgte der nächsten und der Gewinn der diesjährigen Deutschen Meisterschaft in 3:42,35 Minuten mit der nun erfolgten EM-Nominierung für Göteborg (Schweden; 7. bis 13. August) ist die überraschende Krönung seiner bisherigen Karriere.
Studium vor Karriere
Begonnen hat der Student seine sportliche Laufbahn als Jugendlicher beim SV Union Meppen. „Dort war ich zwar immer der Schnellste, aber da die gute Konkurrenz fehlte, wusste ich nicht, dass ich national mithalten konnte“, erinnert sich der Athlet.
Auch nach seinem Umzug in die Bundeshauptstadt hielt er seinem Heimatverein die Treue. „Schließlich bin ich wegen des Architekturstudiums und nicht wegen des Sports nach Berlin gekommen“, erklärt er.
Folglich konzentrierte er sich ab 2001 hauptsächlich auf sein Studium und verbrachte 2003 und 2004 zwei Auslandssemester in Helsinki. „In Finnland bin ich selten gelaufen, dort habe ich lieber Skilanglauf betrieben“, erzählt Carsten Schlangen schmunzelnd. Doch schon damals, kurz vor Beendigung seines Grundstudiums, sei in ihm der Wunsch gereift, das Studium etwas ruhiger anzugehen und sich intensiv dem Laufen zu widmen.
Rasanter Aufstieg
Danach ging alles ziemlich schnell. Er begann wieder regelmäßig zu trainieren für den SV Union Meppen zu laufen und gewann im Mai 2005 völlig überraschend die Deutschen Hochschulmeisterschaften in 3:48,28 Minuten für die TU Berlin. Daraufhin begann er sich nach einem geeigneten Verein in Berlin umzusehen und stieß auf die Trainingsgruppe der LG Nord Berlin mit ihrem Mentor Roland Wolff, dem Professor für Sportmedizin an der Humboldt Universität Berlin.
Bei seinem neuen Verein traf Carsten Schlangen schließlich auf Franek Haschke und Jonas Stifel. Die beiden zählen schon seit längerem zur deutschen Spitze über 1.500 Meter. Die interne Konkurrenz begann alle drei Läufer anzuspornen. So verbesserte Carsten Schlangen seine persönliche Bestzeit um erstaunliche zehn Sekunden innerhalb des letzten Jahres. „Es macht großen Spaß mit Franek und Jonas zu trainieren, da wir uns sehr gut verstehen und ständig zu immer besseren Zeiten treiben“, meint Carsten Schlangen.
Grenzen kennenlernen
Sport und Studium lassen sich inzwischen gut kombinieren. Da das tägliche Training immer erst am späten Nachmittag stattfindet, bleibt ihm genügend Zeit zum Lernen.
„Mein Ziel ist es, bis zum Ende meiner sportlichen Laufbahn meine eigenen Grenzen zu kennen und mich bis zum Limit zu fordern“, erklärt der blonde Athlet seine Ambitionen. Wenn er dabei auch noch Erfolg habe und – wie jetzt – bei einer Europa- oder sogar Weltmeisterschaft teilnehmen dürfe, wäre er äußerst zufrieden.
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