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„Existenzangst gehört zum Spitzensport dazu“

25 Februar 2013

Tagesthema bei der Hallenmeisterschaft in Dortmund: Die Leichtathleten betrachten Sporthilfe-Studie als Bestätigung ihres Kurses. Die Pausen einiger Stars sind also akzeptiert

FAZ: Existenzangst im Spitzensport

Existenzangst? „Habe ich jeden Tag“, ruft Christina Schwanitz. „Wenn du deine Leistung nicht bringst, wenn du dich verletzt, fliegst du gleich raus bei der Bundeswehr.“ Die Sächsin hat sich mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft in Dortmund, bei dem sie die Eisenkugel auf 19,79 Meter gestoßen hat, zur Favoritin der Hallen-Europameisterschaft in Göteborg am kommenden Wochenende gemacht. So weit wie sie hat es in diesem Jahr noch keine Kugelstoßerin gebracht.

Trotzdem, zwischen dröhnendem Lachen und ohne sich die gute Laune verderben zu lassen, bestätigt sie, dass Top-Athleten in einem Stadium der Verunsicherung leben. „Der Vertrag wird immer nur um ein Jahr verlängert“, sagt sie über die Sportförderung der Bundeswehr: „Wer weiß, vielleicht bekommt im nächsten Jahr Shanice meine Stelle.“ Die Mannheimerin Shanice Craft, mit zwanzig acht Jahre jünger als Christina Schwanitz, ist Junioren-Weltmeisterin mit Kugel und Diskus und wurde in Dortmund mit 17,66 Meter Dritte.

Existenzangst, psychische Erkrankungen, Doping – die Leichtathleten sind nicht wirklich überrascht von dem, was die Stiftung Deutsche Sporthilfe bekannt gemacht hat. „Die Studie ist ein bisschen scheinheilig“, kritisiert Christian Reif, Europameister im Weitsprung von Barcelona 2010 und als neuer deutscher Hallenmeister mit 8,08 Meter ebenfalls Medaillenfavorit in Göteborg: „Das Problem ist nicht neu. Wir haben viele Athleten mit Zukunftsproblemen.“ Zwar mache er in diesem Jahr seinen Master im Studium des Sportmanagements, aber seine Zukunft sei bedroht, weil er mit 28 Jahren nicht in den Beruf einsteige: „Ich bin ja noch fit.“ Viele Athleten verzichteten vollkommen auf eine Ausbildung und stünden am Ende ihrer sportlichen Laufbahn vor dem Nichts. „Das wäre mal eine krasse Studie mit dramatischen Ergebnissen“, schlägt er vor, „wenn man hier mal fragen würde: Was kommt danach?“

Verband fühlt sich in Kurs bestätigt

„Leistungssport ist keine himbeerrosa Reise“, sagt Günter Lohre, einstiger Stabhochspringer und Vizepräsident des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV). „Seit 2010 haben wir den Nationalmannschaften Psychologen zugeordnet.“ Die Hälfte der Athleten nehme deren Gesprächsangebote an. 11,4 Prozent der Spitzensportler gaben in der Sporthilfe-Studie an, dass sie an Burnout leiden, 9,6 Prozent an Essstörungen. „Eine sportliche Karriere ist eine Karriere auf Zeit“, sagt DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen. „Deshalb ist es wichtig, dass unsere Athleten eine duale Karriere verfolgen mit Ausbildung im Beruf oder Studium.“

Kurschilgen und sein Verband fühlen sich von der Studie bestätigt. So fehlen Top-Athleten wie Stabhochspringerin Silke Spiegelburg und Kugelstoß-Weltmeister David Storl, Hochspringer Raul Spank und Hürdensprinterin Carolin Nytra in Dortmund und Göteborg nicht wegen Verletzungen. Sie schonen sich. „Man darf nicht von Event zu Event denken“, erklärt Chef-Bundestrainer Idriss Gonschinska. „Das Verhältnis von Belastung zu Erholung kann der Schlüssel zum Erfolg werden.“ Viele seiner Besten beginnen deshalb den Olympiazyklus, der auf Rio 2016 ausgerichtet ist, mit einem verlängerten Winterschlaf oder gar einem ganzen Jahr, das sie zur körperlichen und geistigen Regeneration sowie zur Konzentration auf Hochschul- und Berufsabschlüsse nutzen.

Carsten Schlangen betrachtete seinen 3000-Meter-Lauf, in dem er die Konkurrenz abhängte (7:55,37 Minuten), als aktive Erholung. „Ich will nicht im Hamsterrad rennen“, sagt der 1500-Meter-Läufer, der zur Abwechslung auf die längere Strecke gewechselt ist und statt in Göteborg bei der deutschen Cross-Meisterschaft starten wird. „Es ist schwer, nicht auszubrennen“, behauptet der 32 Jahre alte freie Architekt: „Die größte Herausforderung ist, zu entscheiden, was wichtig ist.“

Die dopingverdächtige Konkurrenz bei den Olympischen Spielen habe ihm die Augen geöffnet, sagt er. „Für mich zählt nur noch die persönliche Bestleistung. Dann kommt die Norm von allein.“ Die angehende Psychologin Lisa Ryzih sagt: „Ja, es gibt Existenzangst. Sie gehört im Spitzensport einfach dazu.“ Die Studentin im zehnten Semester, Favoritin im Stabhochsprung, schied mit drei Fehlversuchen über 4,40 Meter aus. Ein solches Ergebnis bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr hätte sie ihre Optimalförderung gekostet und ihren Vater um den Lohn als Trainer gebracht. „Wenn ich mich nicht fürs Finale qualifiziert hätte, hätte ich schon Probleme gehabt“, sagt sie: „Da hängt ja die ganze Familie dran.“

Clemens Prokop nahm die Untersuchung der Sporthilfe als Bestätigung für sein Engagement, ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland durchzusetzen. Von der Vollversammlung des deutschen Sports abgewatscht für seinen entsprechenden Antrag, setzt er die 5,9 Prozent der befragten Athleten, die angaben, regelmäßig zu dopen, und die rund vierzig Prozent, die nicht nein sagten, ins Verhältnis zu den vier positiven Proben, welche die Nationale Anti-Doping-Agentur bei 8000 Kontrollen des Jahres 2011 erzielte, gerade 0,01 Prozent. Dies zeige, dass das Instrumentarium des Sports offenkundig nicht in der Lage sei, Doping ausreichend zu bekämpfen.

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Meisterhaft in Spitzensport und Studium

20 Dezember 2008

Die TU Berlin ehrte ihre erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler

Ob bei Hochschulmeisterschaften, bei deutschen und europäischen Wettkämpfen, Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen: TU-Studierende beweisen sich immer wieder bei sportlichen Veranstaltungen. Und sie zeigen, dass es möglich ist, neben dem Studium erfolgreich Spitzensport zu treiben. Für ihre Leistungen wurden sie Anfang Dezember vom Präsidenten der TU Berlin, Prof. Dr. Kurt Kutzler, geehrt.

TU Intern - Meisterhaft in Spitzensport und Studium

Ausgezeichnet wurden 24 Sportlerinnen und Sportler, die bei Hochschulmeisterschaften erfolgreich sind, und in zehn Sportarten wie Leichtathletik, Moderner Fünfkampf, Rudern, Segeln, Sportschießen, Volleyball und Wasserball national und international in der Spitzenklasse agieren. Als Präsent erhielten sie USB-Sticks mit TU-Logo sowie Eintrittskarten für die Hochschulsportshow im Januar (s. Kasten).

Besondere Anerkennung zollte der Präsident den beiden Olympioniken der TU Berlin: Manuel Brehmer, Ruderer und Student der Energie- und Verfahrenstechnik, nahm im Sommer in Peking bereits zum zweiten Mal an den Olympischen Spielen teil. Zusammen mit seinem Partner Jonathan Koch trat er im Leichtgewicht-Doppelzweier an, zog ins Halbfinale ein und erreichte im B-Finale insgesamt Platz neun. Carsten
Schlangen konnte sich als einziger deutscher Mittelstreckenläufer für Peking qualifizieren. Der angehende Architekt erreichte das Halbfinale in 3:36,34 Minuten. Im Schlussspurt wurde er dann auf den letzten 100 Metern noch eingeholt; nur 17 Hundertstel fehlten zum Finaleinzug. Die beiden Olympiateilnehmer sowie Sieger bei nationalen und internationalen Wettkämpfen erhielten außerdem einen Matheon Buddy-Bären.

„Für die sportlichen Leistungsträgerinnen und -träger ist es oft schwierig, das zeitaufwendige Training und die Teilnahme an Wettkämpfen mit den Anforderungen des Studiums zu koordinieren. Ohne die Unterstützung der Dozentinnen und Dozenten, der Mentorinnen und Mentoren und vieler anderer wäre es nahezu unmöglich, Spitzenleistungen zu erbringen", so Präsident Kurt Kutzler. „So möchte ich einerseits den Sportlern, andererseits ihren Unterstützerinnen und Unterstützern herzlich danken."

Die TU Berlin bietet ihren Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern verschiedene Maßnahmen an. Sie ist unter anderem „Partnerhochschule des Spitzensports", ein Projekt des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands, und hat ein Projekt zur besonderen Betreuung der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler gestartet, das schon einige Erfolge gezeitigt hat und von der Zentraleinrichtung Hochschulsport koordiniert wird.

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