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Schlangen hat das Pech an den Hacken

2 Juli 2012

Gebürtiger Meppener verpasst nach Tritt EM-Finale über 1500 Meter

Europameisterschaften Helsinki - Schlangen hat das Pech an den Hacken - Bild Iris Hensel

Erst ging der Blick fragend gen Himmel, dann schien sich Carsten Schlangen ein Loch in der Laufbahn des Leichtathletik-Stadions von Helsinki zu wünschen. Völlig enttäuscht sank der gebürtige Meppener zu Boden, nachdem er bei den Europameisterschaften den Einzug ins 1500-Meter-Finale verpasst hatte.

Im ersten Halbfinallauf am Samstag lag Schlangen lange Zeit deutlich auf Finalkurs. Nach 800 Metern (1:59,54 Minuten) hatte der Wahl-Berliner das Feld angeführt, doch dann wurde der Vize-Europameister von 2010 aller Hoffnungen beraubt. In der letzten Kurve bekam Schlangen von dem hinter ihm laufenden Polen Bartosz Nowicki einen Tritt und kam so völlig aus dem Rhythmus. Als die Konkurrenz den Endspurt anzog, konnte Schlangen nicht reagieren und wurde Elfter (3:46,52). In dem zügigen Halbfinal-Rennen hätte ein Platz unter den ersten acht für die Finalteilnahme gereicht. „Ich bin völlig aus dem Tritt gekommen. Das ist echt ärgerlich“, erklärte sich der 31-Jährige, „ich bin momentan vom Pech verfolgt.“ Das EM-Finale, das am Sonntag der Norweger Henrik Ingebrigtsen gewann, wäre für Schlangen eine gute Gelegenheit gewesen, die Olympianorm zu liefern.

Nun bleiben dem Architekten noch zwei weitere Chancen, um die vom DLV geforderten 3:35:50 Minuten zu unterbieten. Schon am morgigen Mittwoch startet Schlangen beim Meeting im französischen Reims, die letzte Gelegenheit hat er am Freitag in Bottrop. „Das ist alles sehr eng“, sagt Schlangen, der trotzdem weiter an sich glaubt, „ich habe gut trainiert und bislang kein schlechtes Rennen gemacht.“

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Schlangen will heute ins EM-Finale

30 Juni 2012

„Die Finalteilnahme wäre schon ein Traum“, gibt sich Carsten Schlangen bescheiden. Der gebürtige Meppener will sich heute (12.45, live im ZDF) bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Helsinki im 1500-Meter-Halbfinale im Feld der 28 gemeldeten Läufer einen Platz für das Finale der besten zwölf sichern. Das Finale findet am Sonntag um 17.50 Uhr (live bei ARD) statt.

„Ich habe Lust und fühle mich fit“, betont der Vize-Europameister, der für die LG Nord Berlin startet. Der 31-Jährige ist schon seit Montag in der finnischen Hauptstadt, in der er während seines Architekturstudiums zehn Monate gelebt hat und deshalb nun auch ein Fernsehteam der ARD-Sportschau als Fremdenführer durch die Stadt begleitete. Nach seiner verpassten Titelverteidigung bei den deutschen Meisterschaften, wo Schlangen hinter Florian Orth Zweiter geworden war, hatte der Wahl-Berliner weiter intensiv trainiert, um die Grundlagen für die Olympianorm zu schaffen, ehe er in Helsinki Kraft für den heutigen Lauf schöpfte.

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Schlangens Suche nach der finnischen Seele

27 Juni 2012

Der Mann kennt sich aus, keine Frage. Rechts, links, geradeaus über die Straßenbahnschienen – zielstrebig navigiert uns Carsten Schlangen durch Helsinki. 2003/2004 hat der 1.500-m-Läufer, der vor zwei Jahren in Barcelona sensationell zu EM-Silber gestürmt war, zehn Monate in der finnischen Hauptstadt gelebt. Zwei Semester studierte der Berliner an der Technischen Universität Architektur. Eine Zeit, die er nicht missen möchte. “Ich wollte das etwas andere Europa kennen lernen, nicht unbedingt die Standards”, erzählt er sportschau.de. Enttäuscht wurde er nicht: “Die finnische Schwermut hat manchmal etwas Träumerisches. Das führt dazu, dass die Finnen verschlossen sind, aber eben auch sehr kreativ”, sagt der 31-Jährige.

Über Ski-Langlauf zum Leistungssport

Kreativität, das ist die Sache von Carsten Schlangen. Sein Architekturstudium hat er längst beendet, jetzt arbeitet er Teilzeit in einem Berliner Architekturbüro. So bleibt Zeit genug für den Leistungssport. Dass er es in der Leichtathletik überhaupt so weit gebracht hat, ist nicht zuletzt seinem Helsinki-Aufenthalt geschuldet. “Ich habe hier häufig Ski-Langlauf als Alternativtraining gemacht. Zurück in Berlin habe ich mir dann überlegt, das Laufen ambitionierter anzugehen”, berichtet er. 2005, bei seiner ersten Teilnahme an den deutschen Meisterschaften, holte er auf Anhieb Silber. Mittlerweile hat er sich fünfmal den nationalen Titel gesichert, ist seit Jahren der beste deutsche 1.500-m-Läufer.
Zurück in der Stadt, in der alles begann

Jetzt ist Schlangen zurück in der Stadt, in der alles begann. Die facettenreiche Architektur begeistert den Berliner immer noch, er nimmt uns mit auf einen Streifzug durch “sein” Helsinki. Dom, Senatsplatz, vor allem aber der Besuch eines modernen Holzpavillons stehen auf seiner Liste. Das lichtdurchflutete Schmuckstück haben Studenten von Schlangens ehemaliger Universiät anlässlich der Ernennung Helsinkis zur Design-Welthauptstadt 2012 entworfen. Ein Abstecher dorthin ist also praktisch Pflicht. “Die Architektur hier ist sehr von Holz geprägt, das gefällt mir gut”, ist er begeistert.

Besuch im Stadion: “Das ist schon cool”

Im Sightseeing-Programm unverzichtbar: ein Besuch des Stadions. Hier sollten eigentlich die Olympischen Sommerspiele 1940 stattfinden, die aber wegen des Zweiten Weltkriegs entfielen. 1952 wurden sie nachgeholt – “aber die Architektur des Stadion ist deshalb nicht so, wie man sie in den 50er-Jahren erwartet hätte”, erklärt Schlangen. Wir dürfen sogar ausnahmsweise den 72,71 Meter hohen Stadionturm erklimmen, der eigentlich während der EM gesperrt ist. Die Höhe entspricht genau der Siegweite des finnischen Speerwurf-Olympiasiegers von 1932, Matti Järvinen. Schlangen war vor Jahren schon einmal hier, doch diesmal ist die Situation anders. Fasziniert schaut er aus luftiger Höhe auf die Bahn. “Das ist schon cool”, meint er. Am Samstag gibt er hier sein Debüt – die WM 2005 an gleicher Stelle kam für ihn noch zu früh. “Aber ich habe damals schon gedacht, wenn ich hier laufen könnte, das wäre großartig”, sagt er.

Noch einige Freunde in der Stadt

Wir machen uns auf den Weg zurück, Schlangens dicht gedrängter Terminplan sieht noch eine Trainingseinheit vor. Auf dem Stadionparkplatz treffen wir eine finnische Dame. Sie lebt seit 40 Jahren in Deutschland, ist jetzt als EM-Helferin in Helsinki. Sie erkennt den Vize-Europameister sofort. “Du bist doch Carsten Schlangen, du kennst dich doch gut aus hier”, meint sie. Beide kommen ins Plaudern, doch die Zeit drängt, wir müssen weiter. “Viel Glück”, ruft sie uns hinterher. Sie ist beileibe nicht der einzige Fan des deutschen Mittelstrecklers. Schlangen hat noch viele Freunde hier, einige werden ins Stadion kommen und ihn anfeuern.
32 Hundertstel fehlen zur Olympia-Norm

Das kann der Berliner gut gebrauchen: Er hofft am Wochenende nicht nur auf einen ähnlichen Coup wie 2010, sondern auch auf die Olympia-Norm. Lediglich 32 Hundertstel fehlen ihm zum begehrten Richtwert von 3:35,50 Minuten. Aber: “So ein Erfolg ist schwer wiederholbar. Jedes Rennen ist neu. Es wäre schon toll, in den Endlauf zu kommen”, schränkt Schlangen ein: “Die EM ist ein ganz guter Zwischenschritt. Aber die Norm hier zu laufen, ist fast ausgeschlossen, weil diese großen Rennen meistens eher taktisch sind.” Gelingt das Unterfangen nicht, hätte Schlangen nach der EM noch zwei Chancen, um das London-Ticket zu lösen. Aber vielleicht klappt es ja doch in der Stadt, die er kennt wie seine Westentasche. Träumen ist schließlich immer erlaubt. So ganz nach Art der Finnen.

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