Rückzug aus dem Stadion

Christina Obergföll - Rückzug aus dem Stadion

Der Sportartikel-Hersteller Asics schränkt sein Vereins- und Athleten-Sponsoring in der deutschen Leichtathletik stark ein. Davon betroffen sind auch einige WM-Starter von Berlin – darunter Marion Wagner, die mit der Sprintstaffel Bronze gewann, und die Speerwurf-Fünfte Christina Obergföll.

Bei den Weltmeisterschaften im Berliner Olympiastadion traten 14 deutsche Athleten in Asics an. Allerdings durften sie nur die Schuhe ihres persönlichen Ausrüsters tragen. Der Rest der Arbeitskleidung kam von Nike -der größte Sportartikelhersteller der Welt ist schließlich der wichtigste Sponsor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und rüstet deshalb selbstredend die Nationalmannschaft aus.

Alle anderen Ausrüster dürfen ihre Markenzeichen nur auf den Sportschuhen ihrer Athleten präsentieren. Für Asics, Marktführer bei Laufschuhen in Deutschland, ist das zu wenig. Und ein Grund, sich fast komplett aus dem Sponsoring der Stadion-Leichtathletik zurückzuziehen, wie Matthias Kohls erklärt, der für das japanische Unternehmen in Deutschland als „Senior Manager Sport Promotion" arbeitet: „Das Fernsehen ist bei der Leichtathletik voll auf die internationalen Höhepunkte fixiert, bei denen wir nicht präsent sein können, weil die Athleten im Nationaltrikot antreten. Andere Meetings, bei denen die Athleten in unseren Markenartikeln am Start sind, werden kaum noch übertragen."

Laut Kohls spart Asics durch die Reduzierung der LeichtathletikFörderung im kommenden Jahr eine Summe im mittleren sechsstelligen Bereich, die für andere MarketingAktivitäten eingesetzt werden kann. „Wir unterstützen die Leichtathletik aber auch 2010 immer noch mit einer Summe im siebenstelligen Bereich", sagt der Sportmanager. Diese Sponsorengelder fließen allerdings vor allem in große Marathonläufe, zahlreiche kleinere Laufveranstaltungen sowie in die Förderung des Laufnachwuchses.

„Sehr schade"

Der deutschen Speerwurf-Rekordlerin Christina Obergföll (LG Offenburg) flatterte vor zirka einem Monat ein Brief ins Haus, mit dem ihr der Sponsor mitteilte, dass er den Vertrag mit der Olympia-Dritten von Peking 2008 kündigt. „Es ist immer sehr schade, wenn ein guter und langjähriger Partner die Zusammenarbeit beendet", kommentiert die 28-Jährige den Rückzug ihres jahrelangen Ausrüsters, von dem neben zahlreichen Athleten auch wichtige deutsche Leichtathletik-Vereine betroffen sind: Die LAV Bayer Uerdingen/Dormagen, die LG Asics Pirna, der LC Asics Rehlingen und der USC Mainz.

„Das ist natürlich alles andere als erfreulich", erklärt Lutwin Jungmann, der Sportwart des LC Asics Rehlingen, „aber der Bestand unseres Vereins ist dadurch nicht gefährdet, weil nicht mehr als 20 Prozent unseres Leistungssport-Etats von Asics gedeckt wurde."

Einfacher als für die Vereine dürfte die Suche nach einem neuen Ausrüster für Christina Obergföll werden. Immerhin war sie 2008 die einzige deutsche Leichtathletin, die von Olympia in Peking mit einer Medaille zurückkam. Ein Erfolg, der immer noch präsent ist, auch wenn das WM-Jahr 2009 mit Platz fünf in Berlin nicht so verlaufen ist, wie erhofft. Die Enttäuschung sei so groß gewesen, „dass sie immer noch nicht ganz verarbeitet ist", gibt die Offenburgerin zu: „Die Grasschicht darüber ist noch ganz schön dünn." Deshalb hat sie sich entschieden, bis Weihnachten ihr Sportstudium in den Vordergrund zu rücken und schreibt an ihrer Bachelor-Arbeit zum Thema Gesundheitsförderung bei Kindern.

Auch ein anderer vom Asics-Ausstieg betroffener Athlet sitzt derzeit viel am Schreibtisch. 1.500-Meter-Läufer Carsten Schlangen hat sein Architekturstudium forciert und sucht gleichzeitig nach Lösungen, wie er unter den neuen Bedingungen seine Karriere auf der Mittelstrecke fortsetzen kann.

Schwierige Suche

Alle vom Asics-Ausstieg betroffenen Sportler dürften schon auf der Suche nach neuen Ausrüstern sein. Für die meisten kein einfaches Unterfangen, wie Christina Obergföll erklärt: „Die wirtschaftliche Lage ist ja immer noch schlecht, und bei den wenigen LeichtathletikAusrüstern, die infrage kommen, sind ja bereits viele Athleten unter Vertrag. Allerdings sind wir momentan in einigen guten Gesprächen, sodass ich zuversichtlich bin, auch in Zukunft auf einen verlässlichen Ausrüster bauen zu können."

Den Werbe-Effekt, der mit diesen Leichtathleten für eine Sportmarke zu erzielen ist, schätzt man bei Asics mittlerweile als eher gering ein. „Unser Sponsoring in der Leichtathletik hat sich in der für uns relevanten Zielgruppe nicht positiv bemerkbar gemacht. Natürlich fällt es uns schwer, unser langjähriges gewachsenes Engagement in der olympischen Kernsportart derart zu reduzieren, aber in Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs sind wir gefordert, alles auf den Prüfstand zu stellen und eine Auswahl zu treffen", fasst Matthias Kohls zusammen, was die unternehmensinternen Analysen bei Asics ergeben haben. Sprich: Hobby-Läufer kaufen keine Laufschuhe, nur weil die entsprechende Marke von Deutschlands besten Leichtathleten getragen wird.

Straße und Triathlon im Fokus

Künftig will Asics sein Engagement beim Triathlon verstärken und sich in der Leichtathletik auf die Straßenläufer und -Läufe beschränken. Wegen seiner Verwurzelung in der Laufszene darf aber auch die LAV Asics Tübingen um 5.000-Meter-Olympiasieger Dieter Baumann weiter auf die Sponsorengelder von Asics zählen. Deshalb bleiben mit Arne Gabius und Filmon Ghirmai die Spitzenläufer aus Tübingen von Vertragskündigungen verschont. Und auch Marathonläufer wie Ulrike Maisch, Falk Cierpinski und Martin Beckmann werden weiterhin die Tigerstripes auf ihren Asics-Schuhe tragen – obwohl bei ihnen die Top-Platzierungen bei der Heim-WM ebenfalls ausblieben.

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