Hallen-WM Analyse von Jan Keil

Großes Pech für Carsten Schlangen bei der Hallen-WM in Valencia (7-9.3.08)

Jan Keil - Leistungssportwart LG Nord Berlin Trotz einer bravourösen Vorstellung verpasste Carsten Schlangen, der Deutsche 1500m-Meister von der LG NORD Berlin, den Finaleinzug unter die letzten Neun bei der Hallenweltmeisterschaft der Leichtathleten in Valencia hauchdünn. Im ersten von drei Vorläufen aus denen jeweils nur 2 Sieger und insgesamt 3 Zeitschnellste weiterkamen zeigte der einzige Berliner Starter in der 16-köpfigen DLV-Mannschaft von Valencia gegen hochkarätige internationale Konkurrenz ein sehr mutiges Rennen, für das der bis dahin zehnte der aktuellen Hallenweltbestenliste über 1500m aber leider nicht belohnt wurde.

Der Rennverlauf

Carsten reihte sich vom Startschuss an geschickt im vorderen Drittel des Feldes ein und lief soviel wie möglich auf der Innenbahn. Er hatte noch am Wettkampftag bis um 13 Uhr auf sein arg verspätetes Gepäck und damit seine Wettkampfschuhe warten müssen, die beim Flug von Berlin nach Valencia in der Gepäckaufgabe verloren gegangen waren. Deswegen nehmen die Athleten ihre Spikes auch gerne mit ins Handgepäck, was aber in der Regel dann wiederum zu Problemen mit den Sicherheitsbestimmungen der Flughafensecurity führt.

Von diesem zusätzlichen Stress war dem Nordler während des Laufes aber nichts anzumerken. Als das Tempo nach 800m zu langsam zu werden drohte ging Carsten sogar an die Spitze, weil er wusste dass die anderen beiden Vorläufen es leichter haben würden, da sie sich nur an der Zeit des ersten Laufes orientieren müssen. So erntete Carsten am Ende sogar den Dank des Neuseeländers Nicholas Willis, der sich in 3:40,66 Minuten als Zweiter hinter dem Äthiopier Deresse Mekkonnen (3:39,74 min) direkt qualifizierte. Carsten musste als Dritter in der für diesen Rennverlauf immer noch sehr guten Zeit 3:41,54 min auf die Zeitschnellstenregelung hoffen. Am Ende fehlten ihm nur sechs Zehntel, weil ausgerechnet der vierte Läufer im letzten Vorlauf einen Tick schneller war und Carsten damit buchstäblich in allerletzter Sekunde aus dem Finale kippte.

Wiederholtes Pech

Carsten sah die Sache von Anfang an realistisch: „Ich habe mir gedacht, dass ich im ersten Lauf nur eine Chance habe, wenn ich die Pace hochhalte.“ Einen bitteren Beigeschmack hat dieses Ergebnis dennoch insofern als er bei der EM 2006 in Göteborg schon einmal trotz guter Laufleistung am Finale vorbei schlidderte. Damals hätte die Zeit zum Finale und Platz 10 gereicht aber die Platzierung langte nicht, weil sich in einem anderen Vorlauf zu viele Läufer mit langsameren Zeiten direkt qualifiziert waren. Diesmal ist er wieder Zehnter und verpasst den Einzug nur, weil in der Halle nur 9 Athleten zum Finale zugelassen werden. Knapp ging es dann auch im letzten Jahr zu, als er mit seiner Bestzeit von 3:36,54min die Norm für die WM in Osaka eine Woche nach Meldeschluss lief und unverständlicher Weise nicht mal mehr für die Universiade nominiert werden konnte.

Profileben

Dennoch lässt sich der Schützling aus der Laufgruppe von Dr. Roland Wolff nicht unterkriegen. Der Architektur-Student der TU Berlin trainiert inzwischen mehr oder weniger wie ein Vollprofi. Bis Anfang dieser Woche weilte Schlangen er noch mit dem Rest der Trainingsgruppe im Trainingslager auf der Kanareninsel Lanzarote. Das die Form stimmte unterstreicht nun seine Leistung aus Spanien durchaus.

Danach geht es zur Olympiavorbereitung in gemeinsame Trainingslager nach Portugal und Südafrika. Dafür hat Carsten, der im vergangenen Oktober an der Technischen Universität seine letzte Prüfung in Architektur abgelegt hat, sogar so eine Art Urlaubssemester genommen. In Absprache mit der Uni wird er die notwendige Diplomarbeit erst ab Herbst 2009, nach der WM im Berliner Olympiastadion, in Angriff nehmen. Nun gilt es aber zunächst die Peking-Norm zu schaffen, dafür muss er seine Bestzeit um gut eine Sekunde auf 3:35,50min steigern. Nach den Leistungssteigerungen der letzten Jahre ist ihm das ohne weiteres zuzutrauen und vielleicht hat er dann ja endlich auch mal das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite und kommt in den Endlauf. Zu wünschen wäre es des sympathischen Späteinsteiger und Shootingstar in der Berliner Leichtathletik-Szene.

Anmerkung

Jan-Gerrit Keil ist Leistungssportwart der LG Nord Berlin und seit vielen Jahren im Berliner Leichtathletik Verband engagiert.


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