ISTAF-Neulinge – Das erste Mal ist nicht einfach

Beim gestrigen Finale der Golden League, dem DKB-ISTAF in Berlin, trafen sich 220 Top-Athleten aus aller Welt. Darunter stellten sich 45 deutsche Starter der internationalen Konkurrenz. Unter ihnen einige, die das erste Mal beim ISTAF starteten, sogenannte „Neulinge“. Einige von diesen Neulingen vergaßen sogar Schmerzen, um sich ihr erstes Mal beim ISTAF nicht entgehen zu lassen. Um eines vorweg zu nehmen, die Wörter „total schön“, „einfach geil“ oder „fett“ fielen bei ihnen des öfteren. 

Am Mittag kurz vor 13 Uhr ging es für den ersten von ihnen los. Der Zweibrücker Jens Werrmann, der Deutsche Juniorenmeister, saß in den Startblöcken der 110 Meter Hürden. Nach seinem Lauf in ansprechenden 13,73 Sekunden stand ein sichtlich beeindruckter Leichtathlet in der Mixed Zone. „Das ist schon fett, vor so einem Publikum zu laufen.“ Für den Überraschungssechsten der EM in Göteborg (Schweden) stellte das DKB-ISTAF einen krönenden Abschluss einer für ihn überaus erfolgreichen Saison dar und er genoss die Stimmung um ihn herum. Da waren selbst kurzzeitig die Schmerzen im Rücken vergessen. „Das hier ist die Golden League, da kann ich eben mal nicht an die Schmerzen denken“, konnte er die Frage danach gar nicht verstehen.

Nach einer kurzen Pause kamen ihn plötzlich andere Bedenken. Pünktlich um sieben Uhr galt es, am heutigen Montag in Cottbus zum Lehrgang des Bundesgrenzschutz anzutreten. Doch ein Blick auf die blaue Bahn des Olympiastadions, und auch diese Schmerzen etwas anderer Art waren schnell vergessen.

Verena Sailers Gefühl des Wahnsinns

Weiter ging es für Verena Sailer (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg). Ähnlichkeiten mit Jens Werrmann wurden deutlich. So zog sich auch bei ihr kurz nach dem 100 Meter Zieleinlauf ein breites Lächeln übers ganze Gesicht. „Angst, nein warum auch?“ Zwar konnte die kleine Sprinterin eine gewisse Aufregung vor dem Rennen nicht abstreiten, doch das Gefühl des „Wahnsinns“ überwog.

Zumal sie auf wirklich beachtliche internationale Konkurrenz gestoßen war. Diese setzte sich unter anderem aus Sherone Simpson (Jamaika), die unter elf Sekunden lief (10,92 sec), Hallen-Weltmeisterin Me`Lisa Barber (USA, 11,21 sec) sowie die Europameisterin Kim Gevaert aus Belgien (11,32 sec) zusammen. Dennoch bedankte sich die Deutsche Meisterin beim Veranstalter für den Startplatz im A-Finale und das ihr entgegengebrachte Vertrauen. Ihre 11,63 Sekunden bedeuteten am Ende Rang sieben.

Der Konkurrent auf der Bahn davor

Kamghe Gaba (LG Eintracht Frankfurt) brachte seine Eindrücke seines ersten ISTAF-Starts auf den Punkt: „ziemlich geil!“ Der 400-Meter-Läufer hatte alles gegeben, die letzten 100 Meter zogen sich endlos in die Länge und die Beine wurden immer schwerer. Mit seiner Zeit war er dennoch zufrieden (45,97 sec). Als größere Herausforderung als die anstrengenden letzten Meter empfand Kamghe Gaba den Starter auf der Bahn vor ihm.

Da hockte kein Geringerer als der US-Amerikaner Jeremy Wariner, der sich mit seinem Sieg in Berlin den Anteil am Jackpot sicherte (44,26 sec), im Startblock. Der deutsche EM-Halbfinalist hatte dennoch nichts zu verlieren und zog sein eigenes Fazit. „Hier sind schon beim Einlaufen lauter krasse Leute um einen rum. Dort, wo die sind, da will ich auch hin.“ Noch überwiegt der Respekt. Dabei ist Jeremy Wariner genauso alt oder besser gesagt, genauso jung wie Kamghe Gaba (22 Jahre). Unterschiedlich hingegen noch die Reihenfolge im Ziel, Platz eins zu Platz acht.

Freude und Ärger

Während Kamghe Gaba noch über seine neu gewonnene Motivation für den Weltcup in Athen (Griechenland) in zwei Wochen sinnierte, wollte ein anderer deutscher ISTAF-Neuling seine ihm gebotene Chance über die 1.500 Meter nutzen. Carsten Schlangen von der LG Nord Berlin blieb in 3:39,09 Minuten nur rund eine Sekunde über seiner persönlichen Bestzeit, was ihn mächtig ärgerte.

Dennoch ein positiver Saisonausklang in einem „super Rennen mit super Atmosphäre“. Sprach es, verabschiedete sich per kräftigem Handdruck von seinen afrikanischen Kollegen und ging mit einem Grübeln im Gesicht in seine wohlverdiente Sportpause.

Claudia Hoffmann trotz Stimmung angeschlagen

Als letzte Disziplin der Golden League-Disziplinen standen die 400 Meter der Frauen auf dem Programm. Gespannt schaute das Publikum auf die US-Amerikanerin Sanya Richards, die erfolgreich um ihren Anteil am Jackpot kämpfte. Aber die Augen vieler Zuschauer ruhten auf einer deutschen Starterin, der Potsdamerin Claudia Hoffmann. Diese startete zwar schon einmal beim ISTAF, jedoch noch nie auf der blauen Bahn. „Die Stimmung muss man einfach mitnehmen, das Publikum klatscht auch extra laut für die Deutschen.“

Eben dieses Gefühl wollte sie nicht missen und entschied sich nach einer fiebrigen Infektion dann doch noch kurzfristig für eine Teilnahme. Das Gefühl sollte Ansporn für sportliche Erfolge im nächsten Jahr geben: „Alleine da unten zu stehen und vorgestellt zu werden, ist schon toll.“ Aber das schöne Empfinden bei der Vorstellung sollte nicht lange anhalten. Abgeschlagen landete die EM-Halbfinalistin in 53,60 Sekunden auf dem letzten Platz.

Premiere erfolgreich

Die Teilnahme verlief bei den ISTAF-Neulingen nicht nur euphorisch. Das erste Mal ist eben nicht immer einfach. Natürlich genossen alle die Wahnsinnstimmung und es war eine Ehre teilnehmen zu können. Dennoch kam oft die Aussage „Ich wollte bloß nicht Letzter werden“. Entschädigt haben sie alle mit couragiertem Auftreten, größtenteils ansprechenden Leistungen und offen gezeigter Freude am Wettkampf. Ein zusätzlicher Anreiz für weitere sportliche Erfolge ist es auf jeden Fall.

Das Anliegen des geschäftsführenden Gesellschafters der DKB-ISTAF GmbH, Gerhard Janetzky, ging jedenfalls auf. Junge deutsche Athleten bekamen die Chance, sich mit der internationalen Spitze zu messen. Die Bezeichnung als Neulinge können jedenfalls diese fünf Athleten abhaken und sich voller Tatendrang in die neue Saison begeben.

 

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